Der Gelehrte und das Mondspiel

Der Frühling beginnt mit Paul Klee

No 01/2018

Zwei Ausstellungen in Bayern mit einander ergänzenden Schwerpunkten widmen sich dem Künstler Paul Klee und dessen Werk. Während die umfassende Sonderausstellung der Münchner Pinakothek der Moderne Klees Bauhaus-Zeit in den 1920er Jahren beleuchtet, rückt das Franz Marc Museum in Kochel am See das Thema „Landschaft“ in Klees OEuvre als „kleine Reise ins Land der besseren Erkenntnis“ in den Fokus der Betrachtung.

Paul Klee, Auserwählter Knabe, 1918, Privatsammlung, New York Courtesy Moeller Fine Art, New York, © Laura Shea

In seinem Text exakte versuche im bereich der kunst von 1928 formulierte Paul Klee die „konstruktion des geheimnisses“ als Aufgabe. Einen passenderen Titel als dieses Zitat wird man für die Münchner Ausstellung schwerlich finden. Denn wie der Kurator dieser Schau, Oliver Kase, in seinem Vorwort des Ausstellungskatalogs schreibt, kann „dieser Ausdruck als Motto über dem gesamten Werk und Leben von Paul Klee stehen“. Als in den 1920er Jahren am Bauhaus in Weimar und Dessau tätiger Meister stellte Klee die Dominanz des Rationalismus in Frage und strebte nach einer Balance von Verstand und Gefühl, von Konstruktion und „Geheimnis“. Die Münchner Präsentation geht der Frage nach, wie Klee auf die zunehmend technisierte Welt als Maler und Zeichner reagierte und räumt durch die vertiefte Betrachtung seiner Bauhaus-Zeit mit dem Klischee eines weltabgewandten Künstlers auf. Neben 20 Werken aus dem eigenen Bestand versammeln sich 130 internationale Leihgaben in eindrucksvollen Räumen, deren Ausstellungsarchitektur Juliette Israël in Anlehnung an Paul Klees Dessauer Meisterhaus und Atelier entworfen hat. Zu der Schau ist ein Katalog erschienen, der gestalterisch und durch Textbeiträge renommierter  Autoren mit profunder Sachkenntnis hervorragend gelungen ist.

Paul Klee, Bäume im Garten, 1929, Fondazione Gabriele e Anna Braglia, Lugano

Auch die Kinder kommen nicht zu kurz: Da Paul Klee der Ansicht war, dass die Kunst in wichtigen Aspekten ihren Ursprung in der Gedankenwelt des Kindes findet, gibt es in der Ausstellung ein liebevoll gestaltetes Begleitheft Die Zauberreise – Auf den Spuren von Paul Klee, das den jungen Besuchern Klees Kunst fantasievoll nahebringt.

Eine etwas kleiner angelegte, aber nicht minder feine Klee-Präsentation führt den Besucher nach Kochel am See. Dort widmet sich das Franz Marc Museum mit rund 40 Exponaten dem Landschaftsbild Paul Klees. Viele seiner  Bildtitel tragen diesen Begriff in sich, selten bezieht er sich jedoch auf konkrete Orte. Vielmehr ist für Klee die Landschaft eine imaginäre Reise, durch die er den Betrachter führt und ihn einlädt, frei zu assoziieren. Linien verselbstständigen sich zu Reisegefährten, die ermüden, rasten oder forsch voranschreiten, zu Brücken oder Booten, die auf Wellen schaukeln. So wird die Linie zur „ersten beweglichen Tat“ und zur Leitlinie des Spaziergangs durch
das Bild. Im Franz Marc Museum, das von Haus aus eine Reise wert ist, begegnet man in der aktuellen Ausstellung vor allem der poetischen Seite Klees. Ein zauberhaftes Tête-à-Tête, das man in dem wunderschönen, typografisch beeindruckenden Katalog vertiefen kann. um

Cover für Paul KleePaul Klee. Konstruktion des Geheimnisses
Bis 10. Juni 2018
Pinakothek der Moderne, München
Katalog zur Ausstellung
Hrsg. von Oliver Kase
456 Seiten, 385 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag € 49,90




Cover für Paul Klee - LandschaftenPaul Klee. Landschaften
Bis 10. Juni 2018
Franz Marc Museum, Kochel am See
Katalog zur Ausstellung
Hrsg. von Cathrin Klingsöhr-Leroy
144 Seiten, 58 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag € 22,–