Verboten gut

Vier Jahrzehnte Graffiti und Street Art

No. 01/2024

Wann wird die „illegal“ gesprühte, gekratzte oder geschriebene Linie zum künstlerisch anerkannten Pinselstrich? Die Ausstellung Illegal. Street Art Graffiti 1960–1995 in Saarbrücken nähert sich ab 18. Mai 2024 der Geschichte der Urban Art mit dem Anspruch, nicht einfach nur einen erweiterten Kanon zu dieser künstlerischen Praxis vorzulegen.

Bando (Phillip Lehman) und Blitz, Criminal Art inkl. Doc (Graffiti-Character), Stalingrad, Paris, 1984
Foto: Claude Abron

Von Brassaï bis Banksy – mit besonderem Blick für den europäischen Kontext zeichnet die Schau die Entstehung dieser Form der Bildproduktion nach und legt dabei den Fokus stets auf den sich an ihr verhandelbaren gesellschaftlichen Grenzziehungen: Was ist Kunst, wer autorisiert sie, in welchen Kontexten findet sie statt, in welchen Räumen wird sie wie und wann legitimiert, für wen ist sie zugänglich, wer kann sie praktizieren?

In diesem Sinne bleibt die institutionelle Anerkennung von Street Art durchaus ambivalent: Der unweigerlich an den öffentlichen Raum gebundene, selbstautorisierte, oft kollektiv und anonyme künstlerische Gegenentwurf wird in den künstlerischen und popkulturellen Mainstream eingegliedert. Das Hinwegsetzen über institutionelle Eingriffe und Eigentumsverhältnisse trifft auf kulturelle Aufwertung durch zunehmende Kuratier- und Vermarktbarkeit. Illegalität und künstlerische Freiheit korrelieren also in einem interessanten Spannungsverhältnis, das sich in der Ausstellung im Historischen Museum Saar erstaunen und zwischen den Zeilen der Publikation herauslesen lässt. sg

Illegal. Street Art Graffiti 1960–1995
18. Mai bis 23. Februar 2025
Historisches Museum Saar, Saarbrücken

Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 45,–