Der Himmelsstürmer

Otto Pienes Wege zum Paradies

No. 01/2024

Die Ausstellung Otto Piene im Tinguely Museum in Basel ermöglicht noch bis zum 12. Mai 2024 den differenzierten Blick auf einen Künstler, der weit mehr war als einer der Protagonisten der Düsseldorfer Künstlergruppe ZERO. Mit dem Untertitel Wege zum Paradies beziehen sich die Ausstellungsmacher bewusst auf die Publikation ZERO3 von 1961, in der Otto Piene seinen eigenen Beitrag mit exakt diesen Worten überschreibt und darin seinen unbändigen Innovationsgeist und die Lust am Experimentieren offenbart.

Otto Piene, Testinstallation Olympischer Regenbogen, 1. August 1972, St. Paul, Minnesota, USA © 2024 Pro Litteris, Zürich; Otto Piene Estate. Foto: Jean Nelson, Otto Piene Archiv

Piene wendet sich schon damals dem Phänomen des Lichtes in all seinen Erscheinungsformen zu. Zunächst dienen ihm Feuer und Ruß als Malmittel. Er bearbeitet grundierte Leinwände mit dem Bunsenbrenner, bis sich aus Blasen sogenannte Feuerblumen bilden, und zeichnet in seinen Rauchzeichnungen mit Ruß Raster aufs Papier. Parallel dazu entstehen seine ersten performativen Lichtballetts, bei denen er in einem abgedunkelten Raum mithilfe von Scheinwerfern und perforierten Tafeln manuell Lichtspiele erzeugt.

Nach der Auflösung von ZERO 1966 entwickelt Piene für seine Kunst einen starken ökologischen Anspruch und erlangt mit seinen Entwürfen einer „Environmental Art“ schnell internationale Anerkennung. 1974 realisiert er auf Hawaii vier Aktionen, die im Film Lichtspur im Haus der Sonne dokumentiert werden und auf die Elemente Wasser, Feuer, Luft und Erde Bezug nehmen, die die Landschaft der Vulkaninsel prägen. Darunter eine seiner legendären Sky Events – sogenannte Himmelsaktionen – bei der er einen riesigen Heliumballon über dem höchsten Berg der Insel schweben lässt. Mit Glasprismen besetzte Schnüre reflektierten das Sonnenlicht und lieferten so ein fantastisches Lichtspektakel in der Natur. Später schwebten seine heliumbefüllten tanzenden Himmelsskulpturen über vielen der bedeutendsten Museen der Welt.

Der begleitende Katalogband (Hirmer Verlag) dürfte zum Standardwerk im zukünftigen Umgang mit dem Œuvre des Künstlers werden. Er stellt die wichtigsten Werkphasen vor und widmet sich auch dem philosophischen Überbau, dem sie zugrunde liegen. ck

Otto Piene
Wege zum Paradies/Paths to Paradise
Bis 12. Mai 2024
Museum Tinguely, Basel

Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 49,90