Benjamin Katz

Porträts - Landschaften - Stillleben

No. 03/2016

Von Freddy Langer

Benjamin Katz’ Werke gehören zum Schönsten, was die Gattung der Künstlerfotografie zu bieten hat. Ob A.R. Penck, Markus Lüpertz, Anselm Kiefer, Gerhard Richter, Georg Baselitz, Jörg Immendorf oder Sigmar Polke – kaum ein großer Name fehlt im Archiv des Fotografen. Das zur aktuellen Pariser Ausstellung erschienene Buch versammelt eine Auswahl von 90 Werken und zeigt neben den Künstlerporträts auch Landschaften und Stillleben von berückender Schönheit.

 

Sigmar Polke, Köln, 1983, Foto: Benjamin Katz © Benjamin Katz

Sigmar Polke, Köln, 1983, Foto: Benjamin Katz © Benjamin Katz

Einen solchen Fotografen hätte man erfinden müssen: als die zentrale Figur eines Epochenromans über die Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg und ihren sensationellen Aufstieg gerade in Deutschland. Als ein gewitztes Männlein. Umtriebig, rasiniert und dabei von einer Güte, die ihm alle Herzen ö!net und ebenso alle Türen, was er dank der zauberhaften Gabe, sich gleichzeitig an verschiedenen Orten aufhalten zu können, reichlich ausnutzt. Trotzdem übersehen ihn die Besuchten am Ende dann doch. Denn er besitzt auch die Fähigkeit, wie unter einer Tarnkappe zu verschwinden. Und so schleicht er durch Ateliers und Galerien, Museen und Bars und all die anderen Orte, an denen man Malern, Bildhauern und Filmemachern begegnet, und schaut einfach nur sehr genau hin. Ohne Häme oder Arroganz. Aber auch ohne falsche Bescheidenheit. Doch einen solchen Fotografen gibt es ja. Man muss ihn nicht erfinden. Er heißt Benjamin Katz. Seit den Siebzigerjahren sind er und sein Fotoapparat aus der Kunstszene Deutschlands nicht wegzudenken. Vom Aufbau selbst der allergrößten Bilderschauen wie Westkunst, von hier aus und etlichen Ausgaben der documenta bis zu den nächtlichen Debatten in den allerkleinsten Kneipen war Katz immer dort, wo Künstler die Welt durchmessen, erklären, zerlegen, verrätseln, wo sie von Zweifeln geplagt werden und von Hochstimmung überwältigt sind. […] Man muss gesehen haben, wie Katz seine Bilder aufnimmt: Mit vornehmer Zurückhaltung beobachtet er das Treiben, winkt mit einer kaum wahrnehmbaren Geste manchem Anwesenden zu, bisweilen lächelt er kurz, wackelt ein wenig fragend mit dem Kopf, und schon hat er seine Kamera unter dem Arm hervorgezogen. Für einen Moment nur blickt er durch den Sucher, löst aus und lässt den Apparat ebenso schnell wieder verschwinden, wie er ihn hervorgezaubert hat. Kaum jemand hat etwas bemerkt. Vom Aufhängen der Bilder oder dem Aufbau einer Installation über die Eröffnungsrede bis zu den Papptellern des kalten Buffets scheint ihm jeder Aspekt einer Ausstellung bildwürdig, selbst die Museumswärter fotografiert er noch rasch, bevor er sich dem Künstler widmet […] Fast eine halbe Million Aufnahmen hat Benjamin Katz im Laufe von mehr als fünfzig Jahren gemacht. Entstanden ist das vermutlich umfangreichste Archiv der zeitgenössischen Kunst. Viele Höhepunkte. Und viele Beobachtungen am Rande. Wer sich geduldig hindurchblättert, unternimmt zwangsläufig auch eine Reise durch die Zeit. Wie ein Film schnurrt das Leben seiner Freunde ab, die er über Jahre und Jahrzehnte begleitet hat, darunter die berühmtesten Maler der Gegenwart.

Auszug aus dem Fotobuch: Benjamin Katz 
Klinkhardt & Biermann € 22,– 
Ausstellung im Musée d’Art moderne de la Ville de Paris Bis 31. Dezember 2016