Achtung! Vision!

Von Josef Albers bis Andrea Zittel

No. 02/2021

In der Münchner Pinakothek der Moderne treffen sich seit Monaten zahlreiche Freunde, die im ständigen Austausch sind, es kam sogar zu Umarmungen. Ein Skandal? Nein, die sehenswerte Ausstellung Au rendez-vous des amis lässt Kunstwerke der Klassischen Moderne aus dem Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit Gegenwartskunst aus der Sammlung Goetz in einen spannenden Dialog treten – eine intensive und kritische Begegnung.

Louise Bourgeois, Couple, 2004, Sammlung Goetz © The Easton Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Courtesy Sammlung Goetz, München

Der Titel der Schau ist dem gleichnamigen Gemälde von Max Ernst entliehen, in dem er 1922 seine Pariser Künstlerfreunde zu einem imaginären Gruppenporträt versammelte. Dieses vorsurrealistische Schlüsselwerk nahm der Berliner Künstler Thomas Zipp zum Ausgangspunkt für seine großformatige Wandarbeit Achtung! Vision: England attacked by the Subreals, die den Besucher in der Pinakothek willkommen heißt. Die ursprünglich auf wenige Räume begrenzt geplante Zusammenschau wurde aufgrund von Verschiebungen oder Absagen anderer Ausstellungen auf 13 thematisch gegliederte Säle ausgeweitet. Ein Glücksfall, denn selten hat man die Gelegenheit, in diesem Umfang an einem so lebhaft geführten Diskurs teilhaben zu können: Louise Bourgeois setzt sich mit der Malerei von Erich Heckel auseinander, Katja Strunz begegnet den Bauhäuslern, Tal R verhandelt Fragen zur Natur mit dem Blauen Reiter, Huma Bhabha trifft auf Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner – die vielen Gegenüberstellungen verdeutlichen, wie sehr Gegenwartskünstler*innen von vorherigen Generationen inspiriert wurden und diese gleichzeitig hinterfragen. Dadurch eröffnen sich für den Betrachter neue Perspektiven auf die Klassische Moderne. Die Themen, die generationsübergreifend bearbeitet werden, sind mannigfaltig: die Auseinandersetzung mit der Darstellung des menschlichen Körpers, der Blick auf das Andere und sich selbst, die Bedeutung von Natur, Arbeit und Freizeit, die Rolle der Künstlerin und des Künstlers, der Umgang mit Tod und Verletzung sowie die Reflexion biblischer Themen. Das Rendezvous läuft noch bis zum 16. Januar 2022, ein schön gestalteter und handlicher Katalog ist im Hirmer Verlag  erschienen. cv

Cover für Au rendez-vous des amisAu rendez-vous des amis
Klassische Moderne im Dialog mit
Gegenwartskunst aus der Sammlung Goetz
Bis 16. Januar 2022
Pinakothek der Moderne München
Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 29,90