Wie Gott in Frankreich
No. 04/2014
Draußen ist es herbstlich frisch, der Mantel zu dünn, der Weg von der Parkgarage viel weiter als gedacht, die Schuhe zu hoch. Schließlich taucht das Schild von „Saint Laurent“, einem kleinen französischen Restaurant auf, in dem wir einen Tisch reserviert haben.
Man kennt es eigentlich nur aus Kinderbüchern: Der Neugierige steigt durch einen Schrank oder geht durch eine geheime Tür und befindet sich plötzlich in einer anderen, wunderbaren Welt. In unserem Fall reichen wenige Meter, um in Frankreich zu landen, und es würde nicht verwundern, an einem der hinteren Tische Picasso, Braque und Matisse ins Gespräch vertieft anzutreffen. Das Ambiente des Saint Laurent erinnert an Art déco, die dunkle, halbhohe Holzvertäfelung, die Stuckdecke, die mit Weinflaschen und Obstbränden bestückte alte Holzbar und die stilvoll eingedeckten kleinen Tische sorgen für eine gute Mischung aus Eleganz und Bohème. Das Studium der Speisekarte wird durch einen – et voilà – herbeigezauberten Lionel Derens Brut Reserve anregend unterstützt. Unsere Entscheidung für die Vorspeise fällt auf gebackene Jakobsmuscheln mit Blattspinat und Pommery-Senfcrème sowie eine hausgemachte Entenbrustpastete mit Preiselbeeren und Pistazien mit Zwiebelkonfitüre. Die soeben am Nebentisch servierte Suppe verbreitet einen leichten, verführerischen Duft von Trüffeln und Waldpilzen.
Das Saint Laurent ist ein kleiner Familienbetrieb, der Inhaber Laurent Pezeron stammt aus der Bretagne, seine Frau Claudia aus Österreich. Das Paar verknüpft die hohe Kunst der französischen Küche mit einer exquisiten Auswahl an Weinen, vor allem aus Österreich und Frankreich. Nach dem Amuse-Gueule, zwei kleinen Schälchen mit einer köstlichen Mischung aus lauwarmem Rindfleischsalat und Linsen, widmen wir uns unseren Vorspeisen. Ihre Komposition ist eine Verbeugung vor der Cuisine française, kein Chichi auf dem Teller, dafür hervorragende Qualität.
Überhaupt wird im Saint Laurent wenig Wert auf Show gelegt, der Service ist auf eine charmante Art beiläufig und doch sehr persönlich, die Musik, die leise im Hintergrund spielt, von einer heiter-sorglosen Auswahl. Man ist zu Gast bei Freunden, hier muss niemand seinen großen Auftritt inszenieren, entsprechend angenehm ist das Publikum.
Der Hauptgang, Barbarie Entenbrust mit Orangen-Ingwer-Sauce sowie Rochen an Zitronen-Kapernsauce, enttäuscht nicht. Im Gegenteil. Es sind jedes für sich herrliche Geschmackskompositionen, die durch die von der Chefin empfohlenen Weine aufs Beste ergänzt werden. Wer französisch Essen geht, der muss ein Dessert probieren, alles andere wäre Frevel. Nach der Crêpe Normande mit gebratenen Äpfeln in Calvadoscaramel und Apfelsorbet bleiben ein glücklicher Seufzer und die Gewissheit, recht bald nach Frankreich zurückzukehren, durch die Tür des Saint Laurent.
Saint Laurent, Steinstraße 63, 81667 München-Haidhausen, Telefon: 0 89/47 08 40 00, Dienstag – Sonntag 1 8 –1 U hr, Reservierung empfohlen