Von Rausch und Sünde

Franz von Stuck und die Wiener Anfänge

No. 02/2016

Franz von Stuck, Die Sünde, um 1893 © Sammlung Galerie Katharina Büttiker, Zürich

Franz von Stuck, Die Sünde, um 1893 © Sammlung Galerie Katharina Büttiker, Zürich

Ist es das Paradebeispiel einer kaufmännischen Karriere, sich vom Tellerwäscher zum Bankdirektor hochzudienen, so lieferte Franz von Stuck im künstlerischen Bereich einen ähnlich kometenhaften Aufstieg vom Tellermaler zum Künstlerfürsten. Wie sehr die frühen Wiener Jahre seine Laufbahn beflügelten und inwieweit sich sein Schaffen auf die Kunst in Wien auswirkte, zeigt die Ausstellung im Unteren Belvedere.

Franz Stuck, der bereits mit 17 Jahren seinen Lebensunterhalt bestreiten musste, „entwarf Bierkrügl in Zinn und bemalte Teller“, als Martin Gerlach vom Wiener Verlagshaus Gerlach & Schenk auf seine Zeichenkünste aufmerksam wurde. Eine Begegnung, die vielversprechend war, für Stuck ebenso wie für den Verleger. Denn dieser arbeitete bereits an dem Großprojekt Allegorien und Embleme, einem Mappenwerk mit über tausend Vorlagenzeichnungen, an dem sich fortan auch Franz von Stuck maßgeblich beteiligte.

Wie der Briefwechsel zeigt, wurde der Ton mit Fortschreiten des Projekts zunehmend humorvoller. Stuck versah seine Sendungen mit Karikaturen und Kommentaren wie „Ich habe gethan was ich konnte und wenn jetzt einer hergeht und sagt, sie wären nichts, so ein steiles Aas soll gleich das Gewitter verschlagen.“ Das Gegenteil trat ein: Gerlachs prachtvoller Band reüssierte nach Erscheinen im Jahr 1882 europaweit und wurde mit der Goldmedaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Die anschließende Ausstellung der Originalentwürfe im Künstlerhaus Wien war für Stuck. Der Auftakt zum Erfolg, denn die Kritiker bescheinigten ihm eine „glänzende Zukunft“. Wie die Ausstellung in Wien nachzeichnet, sind es neben zeitgenössischen Fotografien viele dieser Grafiken, die Stucks malerisches und plastisches Werk beeinflussten. Sie dokumentieren den spielerischen Umgang mit dem eklektischen Stilrepertoire als eine Art Vorstudie zu seinen Gemälden. Ein prominentes Beispiele ist Die Sünde von 1893, die als Allegorie der Geschichte in der Publikation erschienen war und als erotischer Frauentyp zum Markenzeichen des Malers wurde. af

9783777426938_3Dn
Sünde und Secession Franz von Stuck
1. Juli bis 6. Oktober 2016 Unteres Belvedere, Wien 
Katalog zur Ausstellung 
Hrsg. von A. Husslein-Arco, A. Klee 
Hirmer Verlag € 45,–