Radikal vielseitig

Taeuber-Arp: Pionierin der Moderne

No. 01/2021

Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) war Dada-Künstlerin, Tänzerin, Gestalterin, Architektin, Malerin, Bildhauerin, Verlegerin und Illustratorin. Freie oder angewandte, gegenständliche oder abstrakte Kunst – scheinbare Gegensätze verbinden sich in Taeuber-Arps Werken zu einer fulminanten Choreografie der Künste.

Sophie Taeuber-Arp, Nichtaxiale abstrakte Komposition, Buntglasfenster für die Wohnung von André Horn, Straßburg, Musée d’art ­moderne et contemporain de Strasbourg © Musée d’art moderne et contemporain de Strasbourg, Foto: Musées de Strasbourg

Der Name einer der kreativsten und visionärsten Protagonistinnen der Moderne ist nicht jedem geläufig, und es ist betrüblich, dass hochbegabte Künstlerinnen es nötig haben, „wiederentdeckt“ zu werden. Die Gründe für ihr Vergessen sind letztlich immer die gleichen: Unterstützung des Künstlergatten und Verzicht auf eigene Entfaltung, Bescheidenheit, Pragmatismus, Mutterschaft. Bis auf den letzten Punkt trifft all dies auf die innovative und vielfach begabte Schweizer Künstlerin Sophie Taeuber-Arp zu. Obwohl sie die meiste Zeit als Kunstgewerbelehrerin in Zürich für Brot auf dem Tisch der Familie sorgte, betrat sie im Laufe von drei Jahrzehnten immer wieder künstlerisches Neuland. Neben dem Gestalten von Textilien, Perlarbeiten und Bühnenkostümen, Marionetten, Möbelstücken, Teppichen und Inneneinrichtungen entwarf sie Häuser, darunter das eigene nahe Paris, sie malte, zeichnete und überraschte bei all ihrem Schaffen mit immer neuer Formensprache.

Nach ihrem tragischen Unfalltod verfügte ihr erschütterter Ehemann, der Bildhauer Hans Arp, in bester Absicht, dass seine Werke zukünftig nur gemeinsam mit denen seiner Frau ausgestellt werden dürften. Dies bewirkte, dass Taeuber-Arp lange Zeit als sein künstlerisches Anhängsel betrachtet wurde. Viele ihrer Arbeiten gingen verloren oder überdauerten die Zeit nicht, vor allem aber wurden sie häufig in ihrer Komplexität nicht verstanden – und wer nicht in eine Schublade gesteckt werden kann, wird von der Rezeption rasch vergessen. Seit den 1960er Jahren rückt die Künstlerin, die ein bewegtes Leben zwischen Zürich, Paris, Südfrankreich und Straßburg führte, endlich wieder ins Rampenlicht. Anlässlich einer großen Retrospektive wird sie und ihr Werk mit einem hochkarätig ausgestatteten, umfangreich bebilderten Band gefeiert, der eine vielversprechende Ausstellungstournee begleitet, beginnend mit dem Kunstmuseum Basel über die Tate Modern in London bis nach New York in das Museum of Modern Art. um

Sophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion
Bis 20. Juni 2021
Kunstmuseum Basel
Katalog zur Ausstellung
352 Seiten, 405 Abbildungen in Farbe
Premiumausgabe: Leinen mit Siebdruck
Hirmer Verlag € 58,–