„Mein Himmel ist tiefer“

No. 01/2020

Die Farbe Schwarz, wenn sie denn eine Farbe ist, wird in vielen Kulturen gemeinhin mit Trauer, Tod und Leid assoziiert, aber auch mit Intellektualität, Vornehmheit und Pietät. In der Kunst heißen die Meister des Schwarzen Kasimir Malewitsch oder Pierre Soulages, der sagt, Schwarz sei die aktivste Farbe überhaupt, und entsprechend sein Lebenswerk dem „Outrenoir“, dem jenseitigen Schwarz gewidmet hat.

Natela Iankoshvili, Lilly (Detail), 1965, Galerie Kornfeld © Natela Iankoshvili

Dass die Leuchtkraft des Schwarzen so vielfältig sein kann wie ein Farbfächer, zeigt das Opus der georgischen Malerin Natela Iankoshvili (1918–2007), die für ihre Bilder fast ausschließlich schwarze Hintergründe verwendet. In Georgien ist die Künstlerin schon längst eine nationale Ikone, jenseits der Grenzen ihres Heimatlandes erhält sie jedoch erst seit einigen Jahren internationale Anerkennung, wie so viele Künstler, die unter dem sowjetischen Kunstdiktat ein Schattendasein führten.

Dabei ist Iankoshvili eine Meisterin des Schwarzen. Das zeigen ihre über 2000 meist gegenständlichen Bilder, die sie über Jahrzehnte hinweg in ihrer Werkstatt verborgen halten musste, weil sie dem kommunistischen Kunstgeschmack nicht entsprachen. Vor allem in ihrer Landschaftsmalerei hat ihr Pinselstrich etwas Expressionistisches und verleiht so der Farbe Schwarz Energie. „In meinen Gemälden dominiert Schwarz, aber wenn man gut hinsieht, bemerkt man, wie die Luft sich bewegt“, sagte sie einmal und fügte hinzu: „Malt man den Himmel blau, ist das selbstverständlich, mein Himmel aber ist tiefer und luftiger als der in Blau gemalte.“ mir

Cover für Natela IankoshviliNatela Iankoshvili. Ein Künstlerleben zwischen Zwang und Freiheit
160 Seiten, 66 Farbabbildungen
Deutsche und englische Ausgabe
Hrsg. Galerie Kornfeld, Mamuka Bliadze 
Hirmer Verlag € 34,–