Georges Braque

"Heute kann ich dir sagen: Ich liebe dich"

No. 03/2020

Seit über 30 Jahren wird in Deutschland erstmals Georges Braque (1882–1963), einem der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts, eine umfassende Retrospektive gewidmet. Die chronologisch konzipierte Schau führt in sieben großen Abschnitten seine künstlerische Entwicklung vor Augen, vom fauvistischen Frühwerk über den Kubismus bis zu den späten, nahezu abstrakten Serien der Nachkriegszeit.

Georges Braque, Le guéridon rouge (Das rote Tischchen), 1939–1952, Collection Centre Pompidou, Musée national d’art moderne, Paris © VG Bild-Kunst, Bonn 2020, © Foto: Centre Pompidou, MNAM-CCI/Georges Meguerditchian/Dist. RMN-GP

Georges Braque zerstörte zahlreiche Bilder seines Frühwerks aus den Jahren 1906/07, daher sind nur wenige Arbeiten bekannt, die von seiner Begeisterung für den Fauvismus und seine Vertreter wie Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck zeugen. Wenig später schlug er einen neuen, revolutionären Weg ein: „Monsieur Braque ist ein sehr junger und mutiger Mann. […] Er verachtet die Form, reduziert alles – Landschaften, Figuren, Häuser – auf geometrische Schemata, auf Kuben“, schrieb der Kunstkritiker Louis Vauxcelles 1908 missbilligend über Braques erste Einzelausstellung in der Pariser Galerie von Daniel-Henry Kahnweiler, die als „Gründungsausstellung“ des Kubismus gilt. Die Präsentation bei Kahnweiler war zustande gekommen, nachdem sich Georges Braque für die sechste Ausstellung des Salon d’Automne beworben hatte, jedoch der Großteil seiner eingereichten Werke von der Jury, der auch Henri Matisse angehörte, abgelehnt wurde und er sich daraufhin umorientierte. Gemeinsam mit Pablo Picasso, den er 1907 kennengelernt hatte und mit dem ihn ab 1909 eine freundschaftliche, enge Zusammenarbeit verband, gilt Braque heute als „Erfinder“ des Kubismus.

Der Beginn des Ersten Weltkrieges bedeutete nicht nur für das Verhältnis zu Picasso einen tiefen Einschnitt, sondern auch für Braques künstlerisches Schaffen. 1915 wurde er an der Front durch einen Granatsplitter am Kopf schwer verwundet. Zeitweise erblindet, wurde er für dienstuntauglich erklärt, erst 1917 konnte er das Malen wieder beginnen und sein Werk weiterentwickeln. Seine Kompositionen, vor allem seine Stillleben aus der Zeit von 1931 bis 1942 waren durch eine dekorative flächige Gestaltung gekennzeichnet. Braque scheint „die unbelebten Gegenstände seiner Kompositionen mittels ornamentaler, runder und biegsamer Formen wie Lebewesen zu behandeln“, heißt es im reich bebilderten und fundierten Katalog, der zur Hamburger Ausstellung erschienen ist. In Zusammenarbeit mit dem Pariser Centre Pompidou, aus dessen Beständen der Großteil der 80 Exponate stammt, stellt die große Georges Braque-Schau den Künstler in all seiner Vielfalt, stilistischen Wandelbarkeit aber auch in seiner Gradlinigkeit vor und verspricht, eines der Ausstellungshighlights der Saison zu werden. cs

Cover für Georges BraqueGeorges Braque. Tanz der Formen
Bis 24. Januar 2021
Bucerius Kunst Formum, Hamburg
Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch
216 Seiten, 121 Abbildungen
Hirmer Verlag € 39,90