Die Amsterdamer Erfolgsgeschichte

Rembrandts entscheidende Karrierejahre

No. 04/2021

Wie wurde aus dem „jungen Mann, einem Niederländer, einem Müller, einem Bartlosen“ einer der bedeutendsten Künstler der Welt – wie wurde er zur „Marke Rembrandt“? Die Ausstellung Nennt mich Rembrandt zeichnet die wichtigsten Jahre seiner Laufbahn nach, in denen er seine unvergleichliche Bildsprache entwickelte.

Rembrandt Harmensz. van Rijn, Bildnis eines stehenden Mannes (Andries de Graeff), 1639, Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Foto: Ute Brunzel

Als der junge und bereits erfolgreiche Maler Rembrandt van Rijn (1606–1669) im Jahr 1631 seine Geburtsstadt Leiden verließ, um nach Amsterdam zu gehen, war dies ein ebenso strategisch wichtiger wie mutiger Schritt. Dort, im Zentrum des globalen Handels der Republik hoffte er, sich auf dem größten und am härtesten umkämpften Kunstmarkt Nordeuropas zu behaupten. In Amsterdam, das damals zu den zehn größten Städten Europas zählte, wurde das Mäzenatentum von der reichen Kaufmannselite bestimmt. Als die politisch einflussreiche Schicht ließen sich vermögende Bürger in Porträts verewigen, zur Dokumentation ihres gesellschaftlichen Ranges und Reichtums. Mit der wachsenden Nachfrage an solchen Aufträgen wurden neue, talentierte Künstler benötigt. Durch ein gut geknüpftes Netzwerk konnte Rembrandt in der Stadt rasch Fuß fassen. Seine frühen Charakterstudien und Selbstporträts, die besondere Aufmerksamkeit auf Details mit expressiven Licht- und Farbeffekten verbinden, stellten ein solides Fundament für die vielen Porträts seiner Kunden dar, die er zwischen 1631 und 1634 malte. Selbstbewusst unterzeichnete er ab 1632 seine Werke mit seinem Vornamen „Rembrandt“, was zu dieser Zeit unkonventionell und im Norden Europas einzigartig war. Für seine Bilder forderte er meist höhere Preise als die seiner Konkurrenten. Nicht jeder war damit einverstanden, Dokumente belegen, dass etwa der Bürgermeister Andries de Graeff sich weigerte, den Preis von 500 Gulden für sein von Rembrandt 1639 gemaltes Porträt zu zahlen.

Rembrandt war als „Generalist“ auf allen Gebieten seiner Kunst zu Hause, trotz seiner Ausbildung als Historienmaler hatte er sich bereits in Leiden jeder Form der figürlichen Malerei, von Allegorien bis zu Genreszenen und Tronies gewidmet. 1631 kam die Porträt- und einige Jahre später die Landschaftsmalerei hinzu, auch einige Stillleben sind nachgewiesen. Mit seiner im Bild gebannten Dramatik des Erzählens, der Lichtregie des Helldunkels aber auch der Unmittelbarkeit und Lässigkeit, gepaart mit psychologischem Tiefgang seiner Porträts wurde Rembrandt zum international erfolgreichsten niederländischen Maler seiner Zeit. Während er zielstrebig seine eigene Karriere verfolgte, betreute er zugleich Dutzende Nachwuchskünstler, die nicht selten zu Mitbewerbern wurden, in seiner Werkstatt. In der Ausstellung treten rund 140 Gemälde, Druckgrafiken und Zeichnungen, davon 60 Rembrandt-Werke wie das berühmte Selbstbildnis mit Samtbarett und Mantel mit Pelzkragen (1634) und Die Blendung Simsons (1636), in Dialog mit denen seiner Amsterdamer Schüler, Kollegen und Konkurrenten wie Dirck van Santvoort oder Samuel van Hoogstraten und veranschaulichen, wie sich in diesem anregenden und herausfordernden Umfeld Rembrandt zu dem Ausnahmekünstler entwickelte, als der er bis heute gefeiert wird. cv

Cover für Nennt mich RembrandtNennt mich Rembrandt
Bis 30. Januar 2022
Städel Museum, Frankfurt
Katalog zur Ausstellung
384 Seiten, 310 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag € 49,90