The 80s
Ein Jahrzehnt voller Widersprüchlichkeiten
No. 03/2021
„Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht miterlebt“, lautet das berühmte Zitat von Falco, das die Albertina modern momentan neu verhandelt. Denn die Schau The 80s. Anything Goes zeigt ein breites Spektrum an Kunst dieser Dekade, das im kulturellen Gedächtnis durchaus haften geblieben ist: von der Malerei über Bildhauerei, Zeichnung, Fotografie und Film bis hin zu neuen Ausdrucksformen wie Street Art, Graffiti, Objekt- und Videokunst oder auch die Kultur des Zitierens und Aneignens.
„Anything goes“ – dieser Leitspruch des österreichischen Philosophen Paul Feyerabend forderte dazu auf, seinem Willen stattzugeben – bis hin zur Regelverletzung. Das erklärte Ziel dabei: Vielfalt statt Einfalt und damit einhergehend freie Entwicklung und Fortschritt. Damit überrollten die 1980er Jahre die intellektuell motivierten Kunstströmungen der 70er Jahre und mündeten in einen beispiellosen Stil- und Ausdruckspluralismus, der alles auf den Prüfstand stellte, was bisher als Norm galt.
Die Kritik gegen alles Vorhergegangene in der Kunst ist radikal, das vermittelt die Albertina in den verschiedensten Positionen von Künstlern, die heute Ikonen sind. Attacken gegen die Originalität der Erfindung lieferten Richard Prince, Barbara Kruger und Sherrie Levine, indem sie sich bewusst andere Kunstwerke aneigneten. Jean-Michel Basquiat, Keith Haring und Kenny Scharf eroberten mit der Sprühdose als Zeichenmittel die Straße und erklärten zur Kunst, was als Vandalismus geahndet wurde: Street Art, Graffiti als Subkultur an Hauswänden statt Malerei in den White Cubes der Ausstellungshäuser. Auch die Neuen Wilden ließen sich nicht bremsen: Ob abstrakt oder figurativ – Vertreter wie Herbert Brandl oder Martin Kippenberger provozierten mit neoexpressiver Gestik auf großformatigen Leinwänden und sprengten nach dem Motto „Was heißt ,Rien ne va plus‘? a) Nichts geht mehr b) Macht weiter so c) Alles in Ordnung“ Tabus.
Aufdeckung, Vernetzung und Globalisierung sind Themen, die ebenso hitzig ausgelotet wurden wie die neuen Technologien: Jenny Holzer platzierte ihre gesellschaftskritischen Missionen via modernster LED-Technik in den öffentlichen Raum, Bruce Nauman irritierte mit bewegten Neonwerken, und Peter Kogler bearbeitete seine Rauminstallationen mit Datenströmen aus der ersten Generation Computer. Das Bild im Bild und Mann-Frau-Klischees deuten Gilbert & George, Cindy Sherman und Isolde Maria Johann bewusst um. Ob als (multiples) Selbstporträt im Maßanzug bzw. Retro-Kostüm vergangener Hollywood-Movies oder der Dream boy Robert Redford als Electric Horseman, der vor der glanzvollen Kulisse von Las Vegas seinen amerikanischen Traum austräumt, ist eine Wirklichkeit zweiten Grades, die sich hier Bahn bricht, auch über die 80s hinaus. af
The 80s Anything Goes Bis 13. Februar 2022 Albertina modern, Wien Katalog zur Ausstellung Hirmer Verlag € 39,90