Roadnovel Nordrhein-Westfalen

No. 01/2023

Wie ist das wohl, das Heimatland zu verlassen, um woanders sein Glück zu machen? Eindringlich schildert Mariusz Hoffmann die Erlebnisse eines Jugendlichen, der mit seinen Eltern nach Deutschland übersiedelt.

Sich heimlich davonzumachen, ohne den andern Lebewohl zu sagen – das ist die klassische Risikosteuerung, wenn man sich nicht von seinen Plänen abbringen lassen möchte. Der 14-jährige Jarek und seine Eltern meistern diese heikle Verabschiedung und landen im Jahr 1990 als polnische Aussiedler in einem überfüllten Auffanglager in Nordrhein-Westfalen. Aus der Sicht des aufmerksamen Jungen schildert Mariusz Hoffmann in Polnischer Abgang unter anderem typische Vater-Sohn-Konflikte, immer wieder aufpoppende Insuffizienzgefühle und zarte Anbandelungsversuche bei Monika, einer gewitzten „Leidensgefährtin“.

Der 1986 in Polen geborene Mariusz Hoffmann studierte in Hamburg Philosophie sowie literarisches Schreiben in Hildesheim und erhielt nach verschiedenen Stipendien zuletzt eine Förderung durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. In diesem Rahmen entstand Polnischer Abgang als sein Debütroman. Das in viele kleine Kapitel unterteilte Werk ist eine Mischung aus Coming-of-Age-Erzählung und Roadnovel. Es besticht vor allem durch seine mit stupender Leichtigkeit gezeichneten Protagonisten. Auch die lässig eingestreuten humorvollen Passagen lockern uns auf, gerade dann, wenn sich in den Rückblenden die Schatten des Jaruzelski-Regimes über die Geschichte legen. Manchmal lässt Hoffmann seinen Jarek fast ein bisschen zu besonnen erzählen. Aber vielleicht sind es gerade die Erfahrungen eines Aussiedlerschicksals, die Gegenwart und Vergangenheit ins rechte Licht setzen können? kh

Polnischer Abgang
Roman von Mariusz Hoffmann
Gebunden,mit Schutzumschlag
240 Seiten

Berlin Verlag € 22,–