Relations
Malerei in der Diaspora
No. 03/2020
„Wenn die Generation meiner Großeltern der gespannte Bogen war, der uns aus unserer alten Heimat hinauskatapultiert hat, dann ist meine Generation der Pfeil, der immer noch in eine ungewisse Zukunft fliegt“, so beschreibt die Künstlerin Emily Jan ihre existenzielle Erkenntnis aus dem Leben in der Diaspora.
Rajni Perera, Ancestor 1, 2019, Courtesy of the artist and Patel Brown Gallery, Toronto
Emily Jan ist gebürtige US-Amerikanerin chinesischer Abstammung und lebt in Montreal, Kanada. Sie ist eine der Künstlerinnen und Künstler, die der im Hirmer Verlag erschienene Band zur gleichnamigen Ausstellung der PHI Foundation über Malerei in der Diaspora vorstellt. Dabei spüren die Bilder und Texte der Publikation den vielfältigen Beziehungsgeflechten von Heimat, Fremde und künstlerischer Verarbeitung von Andersheit und Minderheitenerfahrungen nach.
Eine der Erkenntnisse ist, dass sich die Formen von Auswanderung – von selbst gewählter Migration bis hin zu erzwungenem Exil – zwar in vielen Aspekten grundsätzlich unterscheiden, jedoch auch wesentliche Gemeinsamkeiten haben: über Generationen hinweg anhaltende Gefühle von Fremdheit und sehr oft die Erfahrung systemischer Ungleichheit. So entwickeln sich hybride Identitäten, die im Verhältnis zur Gesamtgesellschaft durch Transformation und Abgrenzung immer wieder produziert und reproduziert werden. Die künstlerischen Darstellungen des Bandes spiegeln sehr eindrücklich diese Vielfalt der Lebensentwürfe und Perspektiven wider.
Dabei entstehen Spannungen und Ambivalenzen, die keine endgültigen oder einfachen Antworten zulassen, etwa über die Möglichkeiten von Assimilation oder das Wesen einer multikulturellen Gesellschaft. Vielmehr inspiriert die Vielstimmigkeit der Bilder und Texte zu einem andauernden Diskurs. mir
Relations - Diaspora and Painting Bis 29. November 2020 Fondation Phi pour l’art contemporain, Montréal Katalog zur Ausstellung Text: Englisch/Französisch Premium-Ausgabe 224 Seiten, 40 Abbildungen Hirmer Verlag € 45,–