Gustav Klimt
Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse
No. 03/2022
Ein gemeinsames Ausstellungsprojekt des Wiener Belvedere und des Van Gogh Museums in Amsterdam geht der spannenden Frage nach, welche Werke seiner Pariser Künstlerkollegen Gustav Klimt gekannt hat. Welche waren gar Inspiration für sein eigenes, facettenreiches Schaffen? In einem mehrjährigen Forschungsprojekt wurde untersucht, welche Bilder er in Wiener Ausstellungen und in Privatsammlungen in Augenschein genommen haben müsste.
Die Lebensgefährtin des Wiener Malers Gustav Klimt, Emilie Flöge, besaß einen Haute-Couture-Salon für die Damen der Wiener Gesellschaft. Einmal pro Jahr fuhr sie nach Paris, um sich über die neuesten Modetrends zu informieren. Obgleich Klimt und Flöge häufig miteinander verreisten, hat Klimt seine Gefährtin nie in die französische Metropole begleitet.
Nur ein einziges Mal fuhr Gustav Klimt nach Paris, im Jahr 1909, damals war er bereits 47 Jahre alt. In der Metropole machte er sich intensiv mit der Gegenwartskunst vertraut. Er lernte Arbeiten von Henri de Toulouse-Lautrec, Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Henri Matisse kennen und traf Auguste Rodin, den bedeutendsten Bildhauer seiner Generation, mit dem ihn eine Freundschaft verband. Bereits 1902 hatte Klimt Rodin kennengelernt, als dieser sich anlässlich der Ausstellung seiner Skulpturen in der Secession in Wien aufhielt. Rodins eindrucksvollen Bruch mit den glatten, erstarrten Formen der akademischen Bildhauerei und der Darstellung von Emotionen wie Leid und Ekstase wollte auch Klimt in seinen Werken verwirklicht sehen.
Lange Zeit wurde Gustav Klimt von der Kunstgeschichtsschreibung der Moderne zwiespältig betrachtet. Einerseits galt er unbestritten als Zentralgestirn der Moderne im Wien um 1900. Andererseits wurde er von westeuropäischen Kunsthistorikern und Kritikern, ja sogar von einflussreichen Wienern wie Adolf Loos und Karl Kraus, als oberflächlicher „Dekorateur“ abgelehnt. Noch gegen Ende des 20. Jahrhunderts zeigten sich manche Stimmen überrascht über die hohen Besucherzahlen seiner Ausstellungen und die rasant steigenden Auktionspreise seiner Werke.
Einen tieferen Einblick in die europäische Moderne gewann Gustav Klimt 1898 in der ersten Ausstellung der Wiener Secession, deren Präsident er war. Mehr als 500 Werke erwarteten ihn dort. Neben 131 ausländischen Künstlern und Künstlerinnen waren nur 23 Wiener vertreten. Fünf Jahre später, im Jahr 1903, waren in Wien erstmals französische Impressionisten wie Édouard Manet und Claude Monet in großer Zahl zu sehen.
In den Folgejahren präsentierte die Wiener Galerie Miethke in dichter Folge Werke zeitgenössische Künstler aus Paris und anderen ausländischen Kunstzentren. Zu den Höhepunkten zählte 1907 eine Ausstellung mit Werken von Paul Gauguin, Paul Cézanne, Henri Matisse und Émil Bernard. 1909 folgte eine Schau über Henri de Toulouse-Lautrec. Anfang 1914 zeigte die Galerie die Arbeiten der jungen Pariser Generation, darunter Pablo Picasso und Kees van Dongen. Mit dem Kriegsausbruch 1914 geriet der internationale künstlerische Austausch zum Erliegen.
Die Ausstellungen in Wien und Amsterdam führen vor Augen, wie sich Klimt inspirieren ließ: Besonders die Landschaftsgemälde von Vincent van Gogh und Claude Monet zeigen interessante Parallelen, etwa das üppige Kolorit und die flirrende Atmosphäre. wr
Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse Bis 8. Januar 2023 Van Gogh Museum, Amsterdam 3. Februar bis 29. Mai 2023 Unteres Belvedere, Wien Katalog zur Ausstellung Deutsche und englische Ausgabe Hirmer Verlag € 42,-