Faszination Venedig

Renaissance in der Serenissima

No. 04/2023

Die Zeichen in der Münchner Ausstellung Venezia 500 stehen auf Revolution. Genauer gesagt, auf „sanfte Revolution der venezianischen Malerei“, so lautet der Untertitel dieser sehenswerten, hochkarätigen Schau. Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken aus der eigenen Sammlung und zahlreiche internationale Leihgaben präsentieren in der Alten Pinakothek die bahnbrechende Innovationskraft der venezianischen Maler der Renaissance. Die Werke verzaubern mit ihrem Farbspiel, ihrer Dynamik sowie Rätselhaftigkeit und erinnern gleichzeitig an die menschliche Sehnsucht, mit der Schöpfung im Einklang zu leben.

Tizian, Junge Frau bei der Toilette, um 1515, Musée du Louvre, Paris, © bpk, RMN – Grand Palais, Thierry Le Mage

Venedig zählte bis ins frühe 16. Jahrhundert hinein zu den wichtigsten Handelsstädten Europas. Die wirtschaftlich erfolgreiche Serenissima war ein Ort der schöpferischen Inspiration, an dem sich Wissenschaft und Künste in besonderem Maße entfalteten. In diesem fruchtbaren Umfeld entwickelten die venezianischen Maler der Renaissance eine sehr eigenständige, bahnbrechende Auffassung der Bildgestaltung, die die europäische Kunst bis in die Moderne tiefgreifend prägte. Im Fokus von Künstlern wie Giovanni Bellini, Giorgione, Palma Vecchio, Lorenzo Lotto, Tizian oder Tintoretto standen vor allem die Porträt- und die Landschaftsmalerei. Der Blick in die Antlitze der eingefangenen Persönlichkeiten ermöglicht das Eintauchen in die innovative Welt der venezianischen Maler. Die Bildnisse dienten nun nicht mehr allein dazu, Reichtum und Stand zu dokumentieren, sondern zeigten die Personen in der Bewegung, spontan, unverstellt, wie in einem Schnappschuss, der auch das Innere zum Vorschein bringt.

Auch die Darstellung der Landschaft wurde revolutioniert. Sie war nicht mehr lediglich ein ornamentales Element, sondern rückte in den Mittelpunkt der jeweiligen Komposition von sakralen, allegorischen oder mythologischen Themen. Die neuartigen Bildfindungen, die teils bis in die Gegenwart in ihren anspielungsreichen und metaphorischen Bedeutungsebenen nicht mit Gewissheit dechiffrierbar sind, laden das Publikum damals wie heute zum Nachsinnen, zum „denkenden Schauen“ ein. cs

Venezia 500
Die sanfte Revolution der venezianischen Malerei
Bis 4. Februar 2024
Alte Pinakothek, München
Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch und Englisch, getrennte Ausgaben

Hirmer Verlag € 39,90