Die wilde Paula

Selbstbildnisse einer Pionierin

No. 03/19

Paula Modersohn-Becker hinterließ zahlreiche Selbstbildnisse, die sie in nur elf Schaffensjahren malte. Erstmals führt eine Ausstellung diese wichtige Werkgruppe einer der bedeutendsten Künstlerinnen und Pionierinnen der Moderne zusammen.

Paula-Modersohn-Becker, Selbstbildnis mit weißer Perlenkette, 1906, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster
© Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen

Paula – allein der Vorname reicht aus, um vor unserem inneren Auge lebendige Bilder entstehen zu lassen: Von einer jungen Künstlerin, die es aus dem beschaulichen Worpswede nach Paris zieht, die Avantgarde entdeckt, zurückkehrt, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit revolutionäre Bilder malt und mit nur 31 Jahren im Kindbett stirbt. Das Leben von Paula Modersohn-Becker wurde mehrfach verfilmt, in Büchern beschrieben, als T‌heaterstück in Szene gesetzt und scheint uns bestens vertraut. Der Malerin und ihrer Kunst wird man jedoch nicht gerecht, wenn man sie nicht selbst befragt. Dies unternimmt eine Ausstellung, die Modersohn-Beckers bekannte und verfügbare Selbstbildnisse versammelt – 50 an der Zahl, darunter viele bisher nie gezeigte Arbeiten – und damit eine besondere Annäherung an die Künstlerin ermöglicht.

Ebenso wie den Porträts, die sie von anderen fertigte, verlieh Paula Modersohn-Becker ihren Selbstbildnissen eine intensive Präsenz, die den Betrachter in das Ich des Gegenübers eintauchen lässt. Darin begegnet man einer Künstlerin, die auf der Suche nach sich selbst ist: „Ich bin Ich, und hoffe es immer mehr zu werden“, schrieb sie 1906 an Rainer Maria Rilke. Wenige Monate später malte sie eine Ikone der Moderne, das Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag, das als erster Selbstakt einer Künstlerin in der Kunstgeschichte gilt. Die Zeichnungen, Gouachen und Gemälde in Bremen zeigen eine Frau, die sich kein Denkmal setzen will, sondern sich in ihren verschiedenen Lebensphasen immer wieder fragt: Wer bin ich? Wie werde ich wahrgenommen, wie sehe ich mich als Künstlerin, als Ehefrau, als Teil der Gesellschaft?

Sehr empfehlenswert ist der Katalog, der alle, auch die nicht in der Ausstellung gezeigten Werke präsentiert, und damit als Werkverzeichnis der bekannten Selbstbildnisse von Paula Modersohn-Becker dient. um

Cover für Ich bin IchIch bin Ich
Paula Modersohn-Becker
Die Selbstbildnisse
20. September 2019 bis 9. Februar 2020
Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen

Katalog Hirmer Verlag € 29,90