Die Kugel

Alle Enden sind gut

No. 02/2022

Stefan Kutzenberger wurde 1971 in Linz geboren und lebt u. a. als Schriftsteller in Wien. Kilometer Null ist nach Friedinger und Jokerman der eigenständige letzte Teil der Trilogie um sein Alter Ego, den tragischen Helden Kutzenberger, dessen Ende bereits auf der ersten Seite besiegelt ist.

„Hier ruht der große Schriftsteller unvergessen“, diese Grabmalinschrift „hätte Kutzenberger erfreut oder amüsiert, auf jeden Fall aber überrascht, denn immer weniger hatte er sich selbst als Schriftsteller gesehen“, beschreibt Stefan Kutzenberger zu Beginn seines Romans die Grabstätte von – ja von wem eigentlich? Die Irritation ist Absicht, denn die Grenzen zwischen Autor und Protagonist verwischen, wenn der Schriftsteller Kutzenberger einen österreichischen Literaturstipendiaten gleichen Namens nach Lateinamerika reisen lässt. Auf der Überfahrt mit dem Schiff geschieht dann die Katastrophe. Kutzenberger wird zum Flüchtling, um letztendlich in einem schäbigen Pensionszimmer im Norden Uruguays eine Kugel in den Kopf zu bekommen.

Wir kennen also gleich zu Anfang das Ende. Doch der Autor versteht es, „der Kugel ihren Lauf zu lassen“, indem er lässig Plots zu einem vermeintlichen Hauptstrang knüpft. Er erzählt – mit zarter Ironie und unaufdringlich – in Rückblenden.

Trotz realistischer Darstellungen von Massenerschießungen, Folter, Verhör und Flucht bleibt genügend Raum für literarische Spitzfindigkeiten, Zeit für Hanebüchenes und Versponnenes. „Wenn es nicht wahr ist, dann ist es doch wohl erfunden.“ Giordano Brunos Sinnspruch treibt hier zauberhafte Blüten, geht es schließlich in dem Werk um die Rache einer Romanfigur an ihrem Autor. kh

Kilometer nullKilometer Null
von Stefan Kutzenberger
Roman
Gebunden, 400 Seiten
Berlin Verlag € 24,-