Die Baronin

No. 01/2013

In der Schwabinger Giselastraße unterhielt Marianne von Werefkin, die „Baronin“, seit 1897 einen künstlerischen und literarischen Salon. „Es war eine schöne, interessante, freudige Arbeitszeit mit vielen Gesprächen über Kunst mit den begeisterten ,Giselisten‘“, notierte Gabriele Münter dazu später in ihr Tagebuch. Gemeint waren die Intellektuellen, Künstler, Musiker und Literaten, die in der großbürgerlichen Stadtwohnung ein und aus gingen und die Moderne auf den Weg brachten: Kollegen aus der neuen Künstlervereinigung München, von denen sich einige dem Kreis des Blauen Reiters anschlossen, Architekten wie Henry van de Velde, Museumsdirektoren wie Hugo von Tschudi und Gustav Pauli oder Tänzer wie Alexander Sacharoff . Marianne von Werefkin selbst, die in Russland in aristokratischen Verhältnissen aufgewachsen war und als Mädchen künstlerisch gefördert wurde, hatte in diesen Jahren ihr Malzeug niedergelegt. Zu sehr vereinnahmte sie die Förderung junger künstlerischer Talente, allen voran ihres Lebenspartners Alexej Jawlensky, mit dem sie von Russland nach München übergesiedelt war. In ihrem Heimatland noch der realistischen Malerei verpflichtet und als „russischer Rembrandt“ bewundert, verfolgte sie erst ab 1906 wieder eigene Ziele und fand zu einer radikal neuen und expressiven Malerei, die sie nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in der Schweiz fortführte. Ihr Ausspruch „Ein Leben ist viel zu wenig für all die Dinge, die ich in mir spüre“ kündet bereits von einem bedeutenden OEuvre, das trotz aller Höhen und Tiefen, die ihr Leben bereithielt, entstand. Publiziert wurde es jüngst in einer Monografie vom Schlossmuseum Murnau, welches ein umfassendes Porträt der außergewöhnlichen Künstlerin zeichnet. af

Marianne von Werefkin. Leben für die Kunst 
Von Brigitte Salmen 
Hirmer Verlag € 34,90