In Memoriam Werner Hofmann (1928-2013)

No. 01/2013

Werner Hofmann © Inge Zimmermann

Werner Hofmann © Inge Zimmermann

„Es beflügelt mich“, bemerkte Werner Hofmann, wenn er auf Schwieriges stieß. Kunst war für den Gründer des Museums des 20. Jahrhunderts in Wien und langjährigen Direktor der Hamburger Kunsthalle stets und in der Hauptsache Aufforderung zur Gedankenarbeit. Dazu war er begabt. Seine Ideen und sein Ethos ließen ihn die Kunst als nie erfüllten Auftrag begreifen. Mit der Vorbehaltlosigkeit und Neugier des Intellektuellen suchte er das einzelne Kunstwerk genauso zu verstehen und zu entschlüsseln wie die Zusammenhänge, in die es als geistiges Phänomen hineingehört; auch dann, wenn die wissenschaftliche Kunstgeschichte sich von seinen gedanklichen Experimenten düpiert glaubte.

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Werner Hofmann: Phantasiestücke. Über das Phantastische in der Kunst, 2010, Hirmer Verlag .

Meist fand sie sich irgendwann auf seiner Seite wieder. Unter den Interessierten der letzten 50 Jahre wird sich kaum jemand finden, der nicht als sein Leser, als Besucher seiner Ausstellungen oder Zuhörer seiner mit warmem, ruhigem Timbre vorgetragenen und begriffsgenau argumentierenden Vorträge von diesen Befragungen der Kunst profitiert hat. Schon sein erstes großes Buch, das 1960 erschienene Irdische Paradies, war programmatisch. Es rehabilitierte die über weite Areale in Verruf stehende Kunst des 19. Jahrhunderts, machte deren tatsächliche Potenziale erkennbar und war von einem Geist getragen, der in der Wiener Schule der Kunstgeschichte genauso beheimatet war wie in der Moderne des befreiten Paris. Der „Sattelstellung“ des 19. Jahrhunderts galt dann auch die großangelegte Ausstellungsreihe Kunst um 1800, mit der ab 1974 in Hamburg die Grundlagen der modernen Kunst – so der Titel eines anderen berühmten Buches – glänzend ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wurden. Nachdenklich-provokante Ausstellungen hat der begehrte Katalogautor ein ums andere Mal auch selbst ersonnen, doch ist ihr Erfinder mit Büchern zu Goya und Friedrich, zu Manet, Degas und Courbet, über Das entzweite Jahrhundert und die so glücklich beflügelten Phantasiestücke in seiner sprachmächtigen Brillanz dem verständigen Kunstfreund weiter präsent. Seine Lust an der Produktivität blieb Werner Hofmann bis zuletzt: Sein neuestes Buch wird posthum erscheinen. mk

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Publikationen von Werner Hofmann
Avramidis. Der Rhythmus der Strenge, 2011, Hirmer Verlag, € 39,90 
Das Atelier. Courbets Jahrhundertbild, 2010, C. H. Beck 
Phantasiestücke. Über das Phantastische in der Kunst, 2010, Hirmer Verlag, € 98,- 
Degas und sein Jahrhundert, 2007, C. H. Beck