„der große Derdiedas“
Dada: subversiv, radikal, provokativ
No. 02/2024
Angesichts des Traumas des Ersten Weltkrieges hatte für viele die alte Welt ihren Sinn verloren. Alles sei „in Auflösung“, nicht nur die „kapitalistische Wirtschaft, sondern auch alle Wahrheit, Ordnung, Recht, Moral, auch das Männliche und Weibliche“, bemerkte Raoul Hausmann, einer der Protagonisten der Dada-Bewegung. Diese wurde als radikale Antwort auf das Zeitgeschehen von Künstlerinnen und Künstlern 1916 in Zürich gegründet und verbreitete sich weltweit. Auch wenn sich innerhalb der Bewegung die Ansätze und Ausführungen unterschieden, so war man sich darüber einig, dass der bürgerliche Kunstbegriff ausgedient habe und die Aufhebung der Grenze von Kunst und Leben das Ziel sei.

Baroness von Freytag-Loringhoven, ca. 1922, © Library of Congress, Washington D.C., Prints & Photographs Division, LC-B2-5677-2
Die Einbeziehung des Körpers und der provokante Umgang mit den Geschlechterrollen ist eines der zentralen Themen der Dada-Kunst. Nach dem Motto „der Dadaismus gehört auf die Straße“ inszenierte sich Elsa von Freytag-Loringhoven als lebendes Kunstwerk und schockierte mit ihren extravaganten Auftritten die New Yorker Öffentlichkeit. Aus Müll schuf sie sich Kostüme – Tomatendosen als Büstenhalter, Löffel als Ohrringe – und spazierte mit kahl rasiertem, rot gefärbtem Schädel durch die Straßen. Auch Marcel Duchamp nutzte seinen eigenen Körper, um mit Geschlechterrollen zu experimentieren, wie auf Crossdressing-Fotografien von Man Ray zu sehen ist.
Die Dada-Bewegung ist spätestens zu ihrem 100-jährigen Jubiläum 2016 ausgiebig beleuchtet worden, hingegen blieb der vertiefte Blick auf die transformativen Geschlechterrollen bei Dada bisher aus. Das Arp Museum widmet sich mit über 180 Exponaten aller Gattungen diesem Thema und zeigt Künstlerinnen wie Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch, Gabrielle Buffet-Picabia als gleichberechtigte Dadaistinnen neben ihren männlichen Kollegen. um
der die DADA. Unordnung der Geschlechter Bis 12. Januar 2025 Arp Museum Bahnhof Rolandseck Katalog zur Ausstellung Premiumausgabe: Offenes Umschlagpapier Hrsg. von Julia Wallner 288 Seiten, 200 Abbildungen Hirmer Verlag € 38,–