Das Große im Kleinen

No. 04/2019

Von Kurt Haderer

Christoph Ransmayr, der österreichische Erzähler, hat drei Dankesreden gehalten, die in den letzten beiden Jahren in der Frankfurter Allgemeinen und im Standard abgedruckt wurden. Der S. Fischer Verlag hat nun diese Texte in einem Buch, das nur 62 Seiten zählt, veröffentlicht.

Der 1954 im oberösterreichischen Wels geborene Christoph Ransmayr wurde 1984 mit dem Roman Die Schrecken des Eises und der Finsternis weltberühmt. Für seine Bücher, die bereits in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Zuletzt wurde ihm 2018 in Berlin der Kleist-Preis verliehen.

In jeder seiner Reden steht eine außerordentliche persönliche Erfahrung im Mittelpunkt, die der Autor literarisch brillant zum großen T‌hema macht. Es sind Geschichten, die uns alle berühren. Denn sie sind sowohl politisch brisant als auch tief emotional. Dabei wird keine Moralkeule geschwungen und auch nichts romantisiert.

Ransmayr stellt sich an die Seite der Hörer (und Leser) und schafft es, sich daran zu erinnern, was es heißt, hier im Westen im Wohlstand zu leben. Was es bedeutet, im Rückblick auf die Kindheit die Verwandlung im Erwachsenenalter wahrzunehmen. Und wie wichtig es ist, gerade in diesen Zeiten, der Verlogenheit die Stirn zu bieten. Diese Erkenntnisse liefern drei Protagonisten: Ein achtjähriges Mädchen, das einen schweren Wasserkanister durch die afrikanische Steppe schleppt. Ein Junge, der ein fatales Eigentor schießt, und ein Mann, der sich sein Leben lang geweigert hat, zu katzbuckeln. Jener, der Vater von Ransmayr, antwortete auf die Frage seines Sohnes, warum er nicht in der Wehrmacht die Offizierslauf‌‌bahn eingeschlagen habe: „Ich wollte unter diesen Leuten nichts werden.“ Dieses Bändchen hat es in sich.

Arznei gegen die Sterblichkeit
Drei Geschichten vom Dank
Von Christoph Ransmayr
64 Seiten, gebunden 
S. Fischer Verlag € 12,–