„AUS DEM DORNRÖSCHENSCHLAF ERWECKT“

No. 04/2016

Als er das Ruder übernahm, krempelte er das gesamte Museum um, wie es keiner vor ihm tat: Unter der Direktion von Gustav Glück, der die Gemäldegalerie des Wiener Kunsthistorischen (Hof-)Museums von 1911 bis 1931 leitete, veränderte sich die kaiserliche Sammlung der Habsburger hin zu einem modernen Museum.

Mit einer „Briefmarkensammlung“ verglich Gustav Glück (1871–1952) zu Beginn seiner Amtszeit die überfüllten Wände der Wiener Gemäldegalerie. Als erster Kunsthistoriker auf diesem Posten – bis dato hatten akademische Maler oder Restauratoren die weltberühmte Sammlung geleitet – verfolgte Glück konsequent die Neuausrichtung des Museums und sorgte für die erste moderne, lockere Hängung, die eine isolierte Betrachtung des einzelnen Bildes ermöglichte. Mit dieser zeitgemäßen Präsentation, einer gezielten Sammlungstätigkeit und neuen wissenschaftlichen Methoden bei der Untersuchung und Restaurierung der Gemälde brachte er die Wiener Gemäldegalerie auf den neuesten Stand. Diese Leistung ist umso höher zu bewerten, weil Glücks Amtszeit in eine historisch turbulente Zeit fiel: in die letzten Jahre der Donaumonarchie, den Übergang zur Republik Österreich und die schwierige Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Glücks Wirken wurde bereits bei seinem Ausscheiden aus dem Museumsbetrieb im Jahr 1931 als Ära bezeichnet, und seine Zeitgenossen attestierten ihm, er habe „die alte kaiserliche Galerie aus einem fast hundertjährigen Dornröschenschlaf“ erweckt. Wenige Jahre nach seiner Pensionierung floh Glück 1938 in die USA, wo er 1952 starb. Eine längst überfällige und großartig gelungene Würdigung erfährt der neben Hugo von Tschudi anerkannte „Wegbereiter des modernen Museums“ durch eine Kabinettausstellung in der Gemäldegalerie des KHM sowie einer reich bebilderten, umfassend informierenden Publikation vom Hirmer Verlag, die € 24,90 kostet. um

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Die Wiener Gemäldegalerie unter Gustav Glück 
Bis 29. Januar 2017 Kunsthistorisches Museum, Wien
DIE WIENER GEMÄLDEGALERIE UNTER GUSTAV GLÜCK
Von der kaiserlichen Sammlung zum modernen Museum
Wencke Deiters
Hirmer Verlag € 24,90