Welcher Degas darf es sein?
Die neue Sicht auf einen Altbekannten
No. 04/2014
Bisherige Ausstellungen über Edgar Degas (1834–1917) haben vor allem dessen Ballett-Bilder in den Fokus gestellt. Die Karlsruher Schau Degas. Klassik und Experiment spannt den Bogen weiter. Sie zeigt den Maler mit Werken aus 50 Schaffensjahren als einen experimentierfreudigen Neuerer, der aus der Tradition der Alten Meister schöpfte.
Seine Bedeutung als einer der populärsten Künstler des 19. Jahrhunderts verdankte Degas schon zu Lebzeiten seinen Ballerinen-Bildern, die damals mit zu den am teuersten gehandelten Werken zählten und stellvertretend für sein Werk zu sein scheinen. Weit weniger Beachtung finden Degas’ Porträts und Landschaften sowie Kopien und Historiengemälde, obwohl sie ein wesentlicher Bestandteil seines künstlerischen Schaffens sind. Viele von ihnen entwickelte Degas, indem er klassische Vorbilder kopierte. Was früher zur Grundlage der akademischen Ausbildung gehörte, hatte im Aufbruch zur Moderne an Bedeutung verloren. Für Degas war das Reproduzieren jedoch ein wichtiger Aspekt seines künstlerischen Schaffens, was die beachtliche Anzahl von rund 600 Kopien, die er als Zeichnungen, Druckgrafik oder Malerei ausführte, zeigt. Sowohl bei seinen Ballett-Bildern als auch bei den zahlreichen Porträts und Genreszenen wie Die Büglerin oder Baumwollkontor wird der Rückgriff auf die Klassik durch die strenge Bildkomposition deutlich. Die Karlsruher Ausstellung stellt Degas mit rund 120 Werken als einen Künstler vor, der die Tradition der Alten Meister mit den neuen Bestrebungen des Impressionismus verband, und setzt damit einen Altbekannten in ein neues Licht. cs
Degas Klassik und Experiment Bis 1. Februar 2015 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Katalog zur Ausstellung Hrsg. von A. Eilig, mit Beiträgen von S. Allard, A. Göthe, B. Kaufmann,S.M. Krämer u.a. Hirmer Verlag € 45,–