Von Frauenhand

Mittelalterliche Handschriften in Köln

No. 04/2021

Schreiben, Malen, Sticken, Weben waren im Mittelalter durchaus Frauensache – davon zeugt das Kölner Museum Schnütgen mit Preziosen, die in Nonnenkonventen Von Frauenhand – so der Titel der Ausstellung und des Buches – geschaffen wurden. In Kooperation mit der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek wurden Objekte aus eigenen Beständen und Leihgaben zusammengetragen, die einen Überblick über die weibliche Produktivität in Klöstern in Nordfrankreich, Niedersachsen, Köln und Nürnberg geben.

Antiphonar der Anna Hachenberch, Köln, um 1520–1530, Museum Schnütgen, Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln/M. Mennicken

Der Ort der Präsentation ist Programm: Die romanische, profanisierte Cäcilienkirche beherbergt seit 1956 das Museum Schnütgen in Köln. Das im 12. Jahrhundert gegründete zugehörige Kloster wurde über die Jahrhunderte von Augustiner-Chorfrauen bewirtschaftet, bevor es im 19. Jahrhundert der Säkularisation zum Opfer fiel. Gerettet wurden zwei beachtliche Antiphonare, die den klösterlichen Ablauf bestimmten und strukturierten. Wie viele andere Exponate, darunter Leihgaben aus dem Kunstmuseum Kolumba, dem Wallraf-Richartz-Museum und dem Historischen Archiv der Stadt Köln, sind sie namentlich von ihrer Urheberin signiert, in diesem Fall von Anna Hachenberch, die mit ihren „Schwestern“ jeweils 600 Seiten Pergament im gewaltigen Blattmaß von über einem halben Meter in Gemeinschaftsarbeit kunstvoll beschrieb und bemalte.

Liturgische und Gebrauchs-Handschriften wurden ebenso im Klarissenkloster St. Klara oder im Augustiner-Chorfrauenstift St. Maximin produziert, aber auch über die Stadtgrenzen des „Heiligen Köln“ hinaus lässt sich die Frage nach einer spezifisch weiblichen Gestaltung erkunden. Unter den Ordensschwestern finden sich illustre Namen wie Gisela, die Schwester Karls des Großen, die als Äbtissin von Notre-Dame de Chelles mit ihren Nonnen wesentlich an der Entwicklung der einheitlichen Buchschrift, der karolingischen Minuskel beteiligt war und Auftraggeber weit über die Klostermauern hinaus bediente. Bedeutung erlangten auch das Benediktinerinnenkloster Lamspringe als die größte nachweisbare Schreibwerkstatt des Hochmittelalters in Norddeutschland oder St. Katharina in Nürnberg, das neben einer Schreibstube über eine Textilwerkstatt verfügte, in der sich die Dominikanerinnen selbst auf einem der Bildteppiche am Webstuhl porträtierten – in der Nachfolge von Maria, die der Legende nach einen Tempelvorhang webte und später bei der Empfängnis Christi selbst ein Buch las. af

Cover für Von FrauenhandVon Frauenhand
Mittelalterliche Handschriften aus Kölner Sammlungen
Bis 30. Januar 2022
Museum Schnütgen, Köln
Ausstellungkatalog
Hirmer Verlag € 39,90
Premiumausgabe:
Halbleinen mit Lesebändchen