Louise Stomps

Natur Gestalten

No. 04/2021

In Berlin existiert seit 1986 als weltweit einzigartige Institution das Verborgene Museum, das sich zur Aufgabe gemacht hat, das Werk zu Unrecht vergessener Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts zu erforschen und bekannt zu machen. Seit seiner Gründung hat das Verborgene Museum etwa 40 Künstlerinnen wiederentdeckt und dem Publikum vorgestellt. In diesem Jahr ist es die in Berlin geborene Bildhauerin Louise Stomps (1900–1988), deren Werk unter der Federführung des Verborgenen Museums in der Berlinischen Galerie gastiert.

Louise Stomps, Sklave, 1965, Nachlass Louise Stomps, Foto: Friedhelm Hoffmann

Das menschliche Leid, die schutzlose Kreatur und der stumme Protest gegen Willkürherrschaft waren für Louise Stomps ein Leben lang Inspiration ihrer Kreativität. Ihre Ausbildung zur Bildhauerin erfolgte erst nach der Geburt ihrer beiden Töchter und der Scheidung ihrer Ehe ab 1928 an der Berliner Akademie der Künste. Ihre Ablehnung des Nationalsozialismus führte dazu, dass sie 1933 in die innere Emigration ging. Zahlreiche frühe Arbeiten gingen im Bombenhagel unter, der ihre Wohnung und ihr Atelier zerstörte.

Nach 1945 gehörte sie zur Elite der Westberliner Künstler*innen und erhielt 1951 als eine der ganz wenigen Frauen den Kunstpreis der Stadt Berlin. Ab 1960 arbeitete sie in Oberbayern in der Kumpfmühle bei Wasserburg am Inn. Neben der Kunst galt ihre lebenslange Leidenschaft dem Motorrad, mit dem sie 87-jährig tödlich verunglückte.

Stomps arbeitete in Holz und in Stein. Ihre Plastiken entwickelten sich im Laufe ihres Reifeprozesses vom Gegenständlichen zum Abstrakten. Einige sehr hohe Skulpturen entstanden aus ausgedienten Telefonmasten. Ihre Arbeiten wirken still und unaufdringlich, sie stehen, sitzen oder kauern und strahlen eine konzentrierte Intensität aus. Stomps schuf ein eigenständiges Werk, das zeitgenössische Tendenzen der Bildhauerei und Urformen der Naturgeschichte aufnahm und es wert ist, neu entdeckt zu werden. wr

Cover für Louise StompsLouise Stomps
Natur gestalten 1928-1988
Skulpturen und Zeichnungen
Bis 17. Januar 2022
Berlinische Galerie, Berlin
Katalog zur Ausstellung
Hirmer Verlag € 39,90