Not my Circus

Not my Monkeys

No. 03/2023

Manchmal geht es um die Wurst. So auch in der Ausstellung im Kunstmuseum Thun, die sich bis zum 3. Dezember 2023 dem Motiv Zirkus in der zeitgenössischen Kunst widmet. Welcher Akrobat hat den besten Auftritt, welcher Clown das ansteckendste Lachen? Vorhang auf, Manege frei heißt es für das brillante Repertoire an künstlerischen Ideen, die eine so große Bandbreite an Ebenen aufzeigen wie ein Stimmungsbarometer Gefühle.

Michael Dannenmann, Fulgenci Mesters Bertran – Weissclown Gensi, 2016
© Michael Dannenmann

Ein breites Lächeln und Zähneblecken in der leeren Hülle einer knallbunten Wurst, deren Zipfel sich gut gelaunt nach oben biegen – schon auf den ersten Blick wird klar, dass die Künstlerin Mona Broschár in ihrem Objekt aus Keramik ein Clownsgesicht auf eine Chiffre reduziert und mit unseren Sehgewohnheiten spielt, indem sie Unvereinbares theatralisch vereint: Die schrille Mischung aus Clown und Wurst überdreht sichtlich und kippt alsbald ins Verrückte und Hysterische, sodass aus der Wohlfühlatmosphäre schnell Unbehagen entsteht, das auch denjenigen umfängt, der sich vorstellt, das Zirkuszelt von Kathryn Andrews zu betreten. Denn obwohl in der typisch fröhlichen Streifenoptik gestaltet, verspricht es nur wenig Schutz – zu dünn und fragil ist die Konstruktion aus Planen und lose gespannten Seilen, als dass man sich in Sicherheit wiegen möchte.

Ein Drahtseilakt? In jedem Fall tut sich hier unter dem Dach des Museums in Thun eine multimediale Gegenwelt zum Alltag auf, ein buntes Spektakel, ein Weltentheater, so präsentiert sich die internationale Gruppenausstellung, die mit Fotografien, Malereien, Skulpturen, Installationen und Filmsequenzen allerhand Artisten und Dressurtieren eine Bühne bietet. Und mittendrin findet sich immer wieder der Clown als traditionelle Identifikationsfigur für den Künstler, denn wie dieser steht er am Rand der Gesellschaft, durchlebt Gefühlslagen und wird oft genug belächelt.

In der Schau Not My Circus, Not My Monkeys gebührt ihm jedoch der große Applaus. Der Titel bezieht sich auf ein ursprünglich polnisches Sprichwort, das besagt, dass wir nicht für schwierige Situationen der Mitmenschen verantwortlich sind. Doch genau diese beleuchten die Ausstellungsmacher, wenn sie die Entwicklung des Zirkus nachzeichnen und im Katalog zudem den Spot auf ethisch fragwürdige Phänomene wie Völkerschauen, Disabled Theater und Tierhaltung richten. af

Not my Circus, not my Monkeys
Bis 3. Dezember 2023
Kunstmuseum Thun

Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 32,–