Michele Melillo

Gestern, Jetzt und Morgen

No. 03/2019

Michele Melillo, 1977 in Fürstenfeldbruck geboren, studierte bei Kasseböhmer an der Münchner Akademie und war bis 2013 dessen Assistent, bevor er sich als freier Künstler etablierte. Seine erste umfassende Monografie dürfte für so manche Kunstsinnige eine überraschende Entdeckung sein. Vom Kunsthistoriker Veit Ziegelmaier mit Texten versehen, präsentiert der Band ein vielschichtiges Werk, das auf den ersten Blick geheimnisvoll wirkt und sich dann nach und nach erschließt.

Michele Melillo, not titled (AvÖ), 2013
© Michele Melillo

Allein die Titel der dargestellten acht Werkserien muten an wie von einer anderen Welt: Resurrection, Stellar Evolution oder Amduat. Inhaltlich bilden T‌hemen wie Religion, Mythos oder Rituale eine große Klammer. So gilt beispielsweise Amduat als das älteste ägyptische Werk aus dem Bereich der Jenseitsbücher und bedeutet soviel wie „das, was in der Nachwelt ist“. Die aus dem Jahr 2017 stammende Bilderserie Melillos interpretiert allerdings das, was uns im Jenseits erwartet, mit Darstellungen von Tieren und Fabelwesen, die durch den Raum zu schweben scheinen, oder mit Andeutungen an die Arche Noah, durchaus eigenwillig.

Die Eigentümlichkeit von Melillos Bildern ergibt sich aber auch aus dem Stil des Künstlers und den von ihm angewandten Techniken. Im Mittelpunkt stehen kleinteilige Zeichnungen, die oft durch luftige, meist in Pastellfarben gehaltene monochrome Farbflächen ergänzt werden. Die Vorliebe des Künstlers, Motive und Kunststile aus der Vergangenheit neu zu interpretieren, zeigt sich in manchmal durchaus ironischen Zitaten. Da gibt es Anspielungen auf den Pointillismus, wobei Melillo die Punkte nicht miteinander verschmelzen lässt, sondern sie auseinanderzieht. Ebenso werden Schraffuren nicht verdichtet, um verschiedene Tonwerte zu erzeugen, vielmehr entwickelt er Kreuzschraffuren zu groben Gittern und Parallelschraffuren zu deutlich nebeneinanderliegenden Linien. Zu den von Melillo bevorzugten Referenzepochen zählen auch Barock und Rokoko. So heißt eine Werkserie der Monografie Rocailles, also muschelförmige Dekorelemente. Überraschend ist dann doch, was Michele Melillo daraus macht. mir

Cover für Michele MelilloMichele Melillo
Hrsg. von Nicole Gnesa
Mit Texten von Veit Ziegelmaier
Text: Deutsch/Englisch
192 Seiten, 143 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag € 39,90