Käthe Kollwitz

Das plastische Werk

No. 01/2016

Käthe Kollwitz (1867-1945) gilt als die international bekannteste deutsche Künstlerin des 20. Jahrhunderts. Sie genießt auch außerhalb Europas, etwa in den USA und in Japan, hohes Ansehen. Der jetzt erschienene Werkkatalog stellt zum ersten Mal ihr gesamtes plastisches Werk vor. Herausgegeben wurde der sorgfältig erarbeitete Band vom Kölner Käthe Kollwitz Museum, das den weltweit größten Bestand an Werken der Künstlerin bewahrt, darunter das gesamte bildhauerische Werk. 

Käthe Kollwitz wandte sich erst 1904 im Alter von 36 Jahren der Skulptur zu. Damals stand sie bereits als Grafikerin in hohem Ansehen. Anders als die meisten ihrer avantgardistischen Zeitgenossen, für die Fragen der Form und Farbe im Mittelpunkt ihres Schaffens standen, war Käthe Kollwitz tief beeindruckt von den gesellschaftlichen Missständen im deutschen Kaiserreich. Durch ihre Kunst wollte sie das Elend und Leid der Armen und Unterprivilegierten anprangern. Diese Motivation wird durch ihren familiären Hintergrund verständlich.

Käthe Kollwitz, Mutter mit zwei Kindern, Guss von 1984, Käthe Kollwitz Museum Köln

Käthe Kollwitz, Mutter mit zwei Kindern, Guss von 1984, Käthe Kollwitz Museum Köln

Die Künstlerin kam als Käthe Schmidt in der ostpreußischen Hauptstadt Königsberg, dem seit 1945 russischen Kaliningrad, zur Welt. Ihr Großvater war der charismatische freikirchliche Theologe Julius Rupp. Dessen ausgeprägter Sinn für soziale Gerechtigkeit blieb der Enkeltochter ein lebenslanges Vorbild. 1909 setzte sie ihm in der Nähe des Königsberger Domes ein Denkmal, das 1991 erneuert wurde.

Käthes Eltern forderten ihre künstlerische Neigung, obwohl Frauen in Deutschland damals noch nicht zur Ausbildung an Kunstakademien zugelassen waren. Es gab aber Mal- und Zeichenschulen für Frauen in Berlin und München. Beide besuchte die junge Frau von 1886 bis 1890. Sie heiratete 1891 den Arzt Karl Kollwitz und zog mit ihm in den Berliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg, wo Karl als Armenarzt wirkte. Der Platz, an dem sie lebten, heißt heute Kollwitzplatz und ist Mittelpunkt des Prenzlauer Bergs.

Obwohl Kätze Kollwitz zwei Söhne, Hans (1892) und Peter (1896) gebar, war sie weiterhin als Druckgrafikerin tätig. Schlagartig berühmt wurde sie 1898 durch ihren grafischen Zyklus über den schlesischen Weberaufstand, ein Stoff, den Gerhart Hauptmann auf die Bühne gebracht hatte. 1904 studierte sie in Paris an einer privaten Kunstschule Bildhauerei und macht sich mit dem Werk von Rodin vertraut.

Der Wandel zur Pazifistin

Ein lebenslanges Trauma blieb der Tod ihres Sohnes Peter im Ersten Weltkrieg 1914. Durch dieses Ereignis wandelte sich Kollwitz zur Pazifistin. Erst 1937 schuf sie die ergreifende Plastik Mutter mit totem Sohn, auch Pietá genannt. Das Vorbild Michelangelos ist unübersehbar. Während der NS-Zeit hatte Kollwitz Ausstellungsverbot. Heute ist die vergrößerte Fassung der Pietá ihre berühmteste Skulptur, bildet sie doch das zentrale Element in der Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Schinkels Neuer Wache Unter den Linden in Berlin. Besonders berührend wirkt die Plastik im Winter, wenn durch das offene Rundfenster der Decke Schnee auf sie gefallen ist. wr

Gussgeschichte(n) Das plastische Werk von Käthe Kollwitz 
Bis 5.Juni 2016 Käthe Kollwitz Museum Köln
 Käthe_Kollwitz_Werkverzeichnis_9783777425573Käthe Kollwitz. Die Plastik. Werkverzeichnis
Hirmer Verlag € 59,90