Historienbild
Dichtung oder Wahrheit?
No. 03/2017
Leser, die sich sowohl für Kunstgeschichte als auch Geschichte interessieren, sollten bei dieser Nachricht aufhorchen: Der renommierte Berliner Kunsthistoriker Matthias Eberle hat ein neues Opus magnum vorgelegt, das der realistischen Historienmalerei im 19. Jahrhundert in Frankreich, Großbritannien und Deutschland gewidmet ist.
Eberle beleuchtet rund 250 Bilder, die im Auftrag entstanden sind, und untersucht, ob das, was die Künstler auf ihnen darstellen, der Spiegel dessen ist, „wie es eigentlich gewesen“, um den wichtigsten deutschen Historiker des 19. Jahrhunderts, Leopold von Ranke, zu zitieren. Gleich eingangs widmet er sich zwei Gemälden von Jacques-Louis David (1801) und Paul Delaroche (1848) und möchte wissen: „Überquerte Napoleon die Alpen auf einem feurigen Schimmel oder auf einem braven Maulesel?“ und „Wie konnte aus jenem Weltenbezwinger auf seinem steigenden Schimmel dieser geistesabwesende, müde Mann auf dem Maultier werden?“ Zur Beantwortung dieser Fragen analysiert Eberle mit scharfsinniger Beobachtungsgabe die Gemälde, stellt sie in ihren historischen Zusammenhang und erläutert kenntnisreich, was die Künstler tagespolitisch zum Ausdruck bringen wollten – etwa Kritik oder Glorifizierung ihrer jeweiligen Gegenwart.
Eberle nimmt den Leser mit auf eine Reise zu vielen Sternstunden und dramatischen Momenten der europäischen Geschichte: Entscheidungsschlachten, Triumphzüge, Hinrichtungen, Revolutionen. Seine brillanten Analysen korrespondieren aufs Schönste mit großformatigen Farbabbildungen der Gemälde, die dazu beitragen, dass man das
Buch auch uneingeschränkt als frühzeitiges Weihnachtsgeschenk für den oben genannten Leserkreis empfehlen kann. wr
Im Spiegel der Geschichte Realistische Historienmalerei in Westeuropa 1830–1900 Von Matthias Eberle 496 Seiten, 255 Abbildungen in Farbe Hirmer Verlag € 69,–