Held*innen der Unterwelt

No. 02/2023

Reinigungskräfte bleiben für den restlichen Teil der Gesellschaft unsichtbar: Wer möchte ihrer mühsamen und anstößigen Arbeit schon beiwohnen, wenn sie Schreibtische putzen, Kaugummis vom Boden kratzen und Toiletten schrubben? Die verbreitete Kultur der Geringschätzung gegenüber Teilen der Dienstleistungsbranche tritt besonders deutlich im Reinigungsgewerbe zum Vorschein, obwohl es das deutsche Wirtschaftssystem längst mitbestimmt.

Trotz ihrer essenziellen und herausfordernden Tätigkeiten bringt die Gesellschaft Gebäudereiniger*innen wenig bis keine Wertschätzung entgegen. Dabei ist der Markt für gewerbliche Reinigung in Deutschland der größte in Europa und weist konstante Wachstumsraten auf.

Jana Costas, Professorin für Personal, Arbeit und Management an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, arbeitet im Rahmen ihrer ethnografischen Studie Seite an Seite mit einem Reinigungsteam am Potsdamer Platz in Berlin, um hautnahe Einblicke in dessen Arbeitswelt zu gewinnen. Ihr Einsatzgebiet befindet sich in einem Gebäudekomplex mit Büros und Luxusapartments im sogenannten Minusbereich, welcher aus bis zu vier unterirdischen Stockwerken mit einem Labyrinth an Gängen und fensterlosen Räumen besteht. Trotz des bedrückenden Arbeitsumfelds und Vorurteilen, mit denen sie konfrontiert werden, sind die begleiteten Reinigungsfachkräfte stolz auf ihren Job. Eine Tatsache, welche häufig übersehen wird oder auf Unverständnis trifft.

Dank Costas tiefen und ungeschönten Perspektiven offenbart sich ein Kampf um Würde und Anerkennung und lässt die oft unsichtbaren Held*innen dieser prekären Branche zu Wort kommen. Dabei befördert ihre Studie die Bedeutsamkeit von Achtung und fairem Umgang mit Gebäudereiniger*innen aus den Schatten der Kellerkomplexe aller Welt ans Tageslicht. fz

ImageIm Minus-Bereich: Reinigungskräfte und ihr Kampf um Würde
Von Jana Costas
Aus dem Englischen von Richard Barth, Stephan Gebauer und Michael Müller
Broschur, 280 Seiten

Suhrkamp € 20,-