Vom dreibeinigen Akt bis zum Sehgrund
No. 03/2019
Von Charlotte Vierer
Der Sammler, Kurator, Autor und Naturwissenschaftler Günther Gercken ist seit vielen Jahren ein leidenschaftlicher Beobachter und Kommentator der Kunstszene. Seine Essays und Vorträge zu Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde, aber auch zu zeitgenössischen Malern wie Georg Baselitz, A. R. Penck, Anselm Kiefer oder David Hockney sind nicht nur kunsthistorisch bedeutende, sondern auch zeitgeschichtlich interessante Beiträge. Eine Auswahl seiner Texte aus den Jahren 1967 bis 2018 sind nun in einer umfangreichen, bebilderten Publikation erschienen.
Die Begegnung mit Arbeiten von Kirchner beim Kunsthändler Ferdinand Möller wurde für Günther Gercken zu einem Schlüsselerlebnis. Zu dem Werk des Expressionisten hat er bis heute eine enge Beziehung, nicht zuletzt durch die Erstellung des neuen Werkverzeichnisses ist Gercken zum führenden Experten für die Druckgrafik Kirchners geworden. Auch der zeitgenössischen Kunst schenkte Gercken früh seine Aufmerksamkeit, so gehörte er 1968 dem Rat für die „documenta 4“ an und schrieb über heute etablierte Künstler, als diese dem breiteren Publikum noch unbekannt waren. Die erste Baselitz-Ausstellung in Hamburg ging auf seine Initiative zurück.
Kirchner und Baselitz – diesen beiden Positionen fühlt sich Gercken bis heute besonders verbunden. So verwundert es nicht, dass etliche der im Band versammelten Essays (es sind insgesamt 75) diesen beiden Malern gewidmet sind, neben Texten über deren Zeitgenossen wie Edvard Munch, Eugen Schönebeck, Horst Antes, Stephan Balkenhol, Monika Grzymala und den eingangs erwähnten Künstlern.
Ausloten Texte zur Kunst des 20. Jahrhunderts Von Günther Gercken Hrsg. von Magdalena M. Moeller Hirmer Verlag € 39,90