Geisterstunde

No. 01/2016

Ende des 18.Jahrhunderts hatten Gespenster und ihre Verwandten Hochkonjunktur. In den exzentrischen Werken des Malers Johann Heinrich Füssli fanden diese Wesen ihre eindrucksvollen Auftritte. Der Grafiker und Zeichner Horst Janssen (1929-1995) ließ sich Anfang der 1970er Jahre von Füssli, seinem „künstlerischen Ahnen“, zu fantastischen Werken inspirieren.

„Seine Welt ist sichtlich von frühauf eine phantastische, ungeordnete Kinderstube gewesen, voller Puppen, Zaubergeister, Angstmacher und Spukgestalten aus einer romantischen Nebelwelt“, beschrieb Joachim Fest die Gedankenwelt seines Freundes Horst Janssen. Der Künstler scheute nicht davor zurück, sich für Begegnungen mit den „Strampelgeistern“ heimlich im Keller eines Museum, inmitten von Moorleichen einschließen zu lassen. Dies geschah zu der Zeit, als Janssen sich fast zwei Jahre lang mit der spukhaften Bilderwelt Johann Heinrich Füsslis (1741-1825) auseinandergesetzt hatte. Füssli, ein nach England ausgewanderter Schweizer, war der erste Maler, der Dämonen, Geistern, Kobolden und Feen einen festen Platz in seinen Gemälden und Zeichnungen einräumte. Mit seinem erotisch-gruseligen Skandalbild Der Nachtmahr – eine auf dem Bett dahingegossene schlafende Schöne, ein auf ihr hockender Gnom und ein gespenstischer Pferdekopf, der mit blinden Augen durch den Vorhang glotzt – schuf Füssli eine Ikone des Albtraums. Für Janssen war dessen düster-grandiose Bilderwelt eine reiche Quelle der Inspiration. Seinen künstlerischen Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit Füssli bilder der umfangreiche Radierzyklus Der Alp – Variationen zu Heinrich Füssli. Diese und viele weitere Werke, die im Dialog mit Füsslis Arbeiten entstanden, treffen sich in dem Band Die Geister, die sie riefen… zu einem ungehemmten, fantastischen gemeinsamen Tanz. um

Die Geister, die sie riefen...Horst Janssen und Johann Heinrich Füssli
Hrsg. von Sabine Siebel u. Jutta Moster-Moos
Hirmer Verlag € 34,90