Doppelgänger

Dialog mit Alberto Giacometti

No. 03/2020

Von Wilfried Rogasch

Alberto Giacometti (1901–1966) war nicht nur einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts, bekannt für seine extrem gelängten Skulpturen. Er befand sich auch im intensiven Dialog mit drei tonangebenden Schriftstellern seiner Wahlheimat Paris: Georges Bataille, Jean Genet und Samuel Beckett.

Alberto Giacometti, Le Nez, 1947–1949, Collection Fondation Giacometti, Paris, © Estate of Alberto Giacometti

Beeinflusst vom Kubismus, Surrealismus und Existenzialismus setzte sich Giacometti ungewöhnlich intensiv mit den philosophischen Fragen nach der Natur des Menschen auseinander. Unaufhörlich war er auf der Suche nach einer zeitgemäßen Sprache der Skulptur als „Doppelgänger der Realität“.

Ein umfangreicher Bildband in Begleitung zur Ausstellung in Stockholm illustriert mit über 100 Skulpturen, Gemälden und Zeichnungen die gesamte künstlerische Entwicklung Giacomettis. Dazu beschreiben Schlüsseltexte der drei Schriftsteller und des Künstlers selbst sein Ringen um die angemessene Form für das, was er zum Ausdruck bringen wollte. Bataille betrachtete Giacomettis Werk aus der Perspektive von Sigmund Freuds Psychoanalyse. Genet beschrieb seinen Freund 1958 einfühlsam in dem funkelnden Essay „L’Atelier d’Alberto Giacometti“.Beckett bat Giacometti 1961 um das Bühnenbild seines Theaterstückes Warten auf Godot im Pariser Théâtre de l’Odéon. Der Künstler beschränkte sich auf einen einzigen Baum, der das menschliche Schicksal der Vereinzelung symbolisieren sollte. Becketts Protagonisten und Giacomettis Skulpturen repräsentieren in unterschiedlicher Weise die Einsamkeit der menschlichen Existenz.

Cover für Alberto GiacomettiAlberto Giacometti. Face to Face
Bis 17. Januar 2021
Moderna Museet Stockholm
Katalog zur Ausstellung
Text: Englisch
280 Seiten, 150 Abbildungen
Hirmer Verlag € 39,90