Der innere Kompass

Käthe Kollwitz bezieht Stellung

No. 03/2023

Käthe Kollwitz war als Grafikerin und Bildhauerin bereits zu Lebzeiten sehr erfolgreich, als erste Frau wurde sie 1919 zur Professorin der Preußischen Akademie der Künste in Berlin ernannt. Heute zählt sie mit ihrem eindringlichen Werk zu den bedeutendsten Kunstschaffenden des 20. Jahrhunderts.

Käthe Kollwitz, Nie wieder Krieg, 1924, Käthe Kollwitz Museum Köln

Geprägt vom bürgerlichen, politisch liberalen Elternhaus, beginnt Kollwitz (1867–1945) schon als junges Mädchen, sich künstlerisch mit der Welt der Arbeiter auseinanderzusetzen. Mit ihrem Zyklus Ein Weberaufstand tritt die noch unbekannte Künstlerin 1898 auf der Großen Berliner Kunstausstellung erstmals an die Öffentlichkeit und wird mit Lobeshymnen überschüttet. Max Liebermann, der zu einem einflussreichen Förderer von Kollwitz wird, schlägt sie für eine Auszeichnung vor. Kaiser Wilhelm II. lehnt dies jedoch aufgrund des sozialkritischen Inhalts des Weberaufstands entrüstet ab – im Gegenwind der Obrigkeit wird Kollwitz zeit ihres Lebens stehen.

Der Tod ihres Sohnes Peter, der 1914 mit 18 Jahren im Ersten Weltkrieg stirbt, ist eine Zensur im Leben von Kollwitz. Sie wird zu einer leidenschaftlichen Pazifistin, was sich eindrucksvoll in ihrem Werk widerspiegelt. Die Granitskulpturen Trauernde Eltern sind eines der vielen berührenden Zeugnisse der Auseinandersetzung mit einem ihrer zentralen Themenkomplexe: Trauer, Tod und der Irrsinn des Krieges.

Den Titel für die Kollwitz-Ausstellung Stellung beziehen hätte man kaum passender wählen können. Denn genau das hat Kollwitz ihr Leben lang getan: Empathisch gegenüber den schwierigen Lebenssituationen der Menschen und kämpferisch gegen Krieg und Ausbeutung hat sie stets ihr Credo „Ich will wirken in dieser Zeit“ ihrem künstlerischen Schaffen vorangestellt. Die Zeichnungen und Druckgrafiken, Skulpturen und Plakate in Kollwitz’ unverwechselbarer Bildsprache und technischer Virtuosität haben bis heute an Aktualität und Faszination nichts verloren. Kollwitz’ Arbeiten werden in der Schau mit Werken der in Beirut geborenen Künstlerin Mona Hatoum (*1952) um eine zeitgenössische und globale Perspektive erweitert.  cs

Stellung beziehen. Käthe Kollwitz
Mit Interventionen von Mona Hatoum
Bis 12. November 2023
Kunsthaus Zürich
23. März bis 16. Juni 2024
Kunsthalle Bielefeld

Katalog zur Ausstellung
Deutsch- und englischsprachige Ausgabe
Hirmer Verlag € 45,–