Boxen in Kuba

Vom Hinterhof zur Championship

No. 02/2016

Sie trainieren, weil sie an ihre Zukunft glauben, über die Perspektivlosigkeit ihres Alltags triumphieren wollen – und weil sie auf Kuba leben, in einem Land, in dem Boxen Volkssport Nummer eins ist und aus dem weltweit die besten Kämpfer kommen. Die Foto-Ausstellung Boxing Cuba in München stellt mit atmosphärischen Momentaufnahmen die Athleten und ihre Lebenswelt in den Mittelpunkt und ist eine Hommage an die Ästhetik des Sports.

V.l.n.r.: Yosbani Veitía, 52 kg (Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft 2015 in Doha); Robeisy Ramírez, 56 kg (Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2012 in London); Armando Martínez, 60 kg; Julio César La Cruz, 81 kg (Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften 2011 in Baku, 2013 in Almaty und 2015 in Doha). Foto: © Katharina Alt

V.l.n.r.: Yosbani Veitía, 52 kg (Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft 2015 in Doha); Robeisy Ramírez, 56 kg (Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2012 in London); Armando Martínez, 60 kg; Julio César La Cruz, 81 kg (Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften 2011 in Baku, 2013 in Almaty und 2015 in Doha). Foto: © Katharina Alt

„Wer kann an Medaillen denken, wenn es fast an ein Wunder grenzt, den täglichen Teller Bohnen herbeizuschaffen“, erinnerte sich der ehemalige Weltmeister Eligio Sardiñas Montalvo (1910–1988) im Superfedergewicht von 1931 an die Anfänge seiner Karriere. Aus der Chancenlosigkeit erkämpfte er sich Ruhm, Ehre und Bewunderung, unter dem Namen „Kid Chocolate“ wurde er zur Boxlegende. Neben anderen Champions und Olympiasiegern wie Héctor Vinent Charón, Félix Savón Fabre, Julio César La Cruz und Emilio Correa Bayeux ist er nach wie vor ein Vorbild für die jüngeren Sportler. „Kubanische Boxer kämpfen für eine bessere Zukunft“, sagt Santos Urgelles, einer der jungen Talente. Dafür kommen sie schon morgens um vier Uhr in die schmucklose Trainingshalle von Havannas Boxakademie und kämpfen, „um jemand zu sein.“

Die Fotografin Katharina Alt hat sie dort besucht und mit der Kamera begleitet: bei ihrem Trainingsalltag und in ihren Pausen, zu Hause, beim Wettkampf, auf den Straßen Havannas. Nicht nur sie, auch Kinder, die ihre ersten Boxerfahrungen in den Hinterhöfen machen, die wenigen Frauen der Szene, Coaches, Schiedsrichter und nicht zuletzt die Boxstars selbst, darunter 22 Medaillengewinner, fängt Alt für ihre Porträtfotos ein. Die poetischen Stillleben erzählen von Leidenschaft und Schönheit, von Härte und Eleganz, von technischer Perfektion, die an einen Tanz erinnert, und von Menschen, die im Boxen eine Metapher ihres Lebens sehen.

Yampier Hernández (Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking) Foto: © Katharina Alt

Yampier Hernández (Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking) Foto: © Katharina Alt

Zur Ausstellung Boxing Cuba ist ein gleichlautender, mit über 100 Abbildungen reich bestückter Fotoband erschienen. In zwölf Runden Boxgeschichte, durch die der Herausgeber Michael Schleicher den Leser führt, sowie in Texten zur Fotokunst Katharina Alts wird das Boxen nicht nur als wesentliches Element der populären kubanischen Kultur vorgestellt, sondern als „das Leben selbst“, wie es die Schriftstellerin und Boxkennerin Joyce Carol Oates ausdrückt. um

9783777426129_3Dn
Boxing Cuba
Bis 11. September 2016 Museum Fünf Kontinente, München
Publikation zur Ausstellung
Hrsg. von Michael Schleicher 
Fotografien von Katharina Alt 
Text: Deutsch/Englisch 
Hirmer Verlag € 34,90