„Blick auf München“ für 60 Mark

NS-Raubkunst im Münchner Stadtmuseum

No. 02/2018

Zahlreiche von der NS-Diktatur beschlagnahmte Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz wurden ab 1933 zu einem Schleuderpreis an deutsche Museen verkauft. Auch das Münchner Stadtmuseum griff zu. Nun stellt es sich mit der Ausstellung Ehem. jüdischer Besitz seiner historischen Verantwortung.

Herbert List, Untersuchung von Antonello da Messinas Gemälde Bildnis eines jungen Mannes im Central Collecting Point München, 1948, © Herbert List & Max Scheler Estate, Hamburg

Das Münchner Stadtmuseum ist eines der größten kultur- und kunstgeschichtlichen Museen Deutschlands. Zwischen 1933 und 1945 gelangten rund 20.000 Objekte in den Sammlungsbestand des Museums: Grafiken, Gemälde, Skulpturen, Textilien, Kunsthandwerk, Möbel, Musikinstrumente und Kostbarkeiten wie die Marionetten der Künstlerin Maria Luiko. Bei einem erheblichen Teil handelt es sich um das Eigentum jüdischer Bürger und politischer Gegner, welches vom NS-Regime abgepresst oder beschlagnahmt wurde. Die damalige  Museumsdirektion profitierte im hohen Maße von der antisemitischen Politik mit günstigen Ankäufen aus den Raubaktionen.

Im Jahr 2011 begann das Stadtmuseum München ein Forschungsprojekt, das mit der systematischen Überprüfung seiner Sammlungen die Ankaufspolitik zwischen 1933 und 1945 kritisch untersuchte. Dabei wurden auch Schenkungen und Tauschgeschäfte berücksichtigt. Die Ergebnisse präsentiert das Museum in der umfangreichen Ausstellung Ehem. jüdischer Besitz. Über die Provenienz der ausgewählten Objekte hinaus und die Umstände, unter denen diese in die Sammlung des Stadtmuseums gelangten, beleuchtet die Schau das Wirken und die Schicksale einzelner jüdischer Kunsthändler, Sammler, Industrieller und Künstler, die bedeutende Rollen für das kulturelle Leben Münchens spielten. Die Ausstellung reflektiert zudem die eigene unrühmliche Geschichte des Hauses und entwirft das Bild eines funktionierenden Netzwerkes zwischen verschiedenen Institutionen Münchens, die die Enteignungs- und Verfolgungspolitik umsetzten.

Neben Kunstobjekten mit gesicherten Provenienzen werden auch Werke gezeigt, deren Geschichte aufgrund lückenhafter Quellenlage bisher nicht nachvollzogen werden konnten. Das Museum erhofft sich, eventuell von Besuchern neue Hinweise auf die ursprünglichen Besitzer dieser Kunstgegenstände zu erhalten. Vertiefende Informationen zu dem Thema garantiert der hochgelobte Ausstellungskatalog. Mit klugen Beiträgen sowie unbekannten Aufnahmen und Dokumenten, u.a. aus dem Stadtarchiv München, liefert der Band einen wichtigen Beitrag gegen Vergessen,  Gleichgültigkeit und Geschichtsklitterung. um

Cover für Ehem. jüdischer Besitz
Erwerbungen des Münchner
Stadtmuseums im Nationalsozialismus
Bis 23. September 2018
Münchner Stadtmuseum

Ausstellungskatalog
Hirmer Verlag € 34,90