Soweit das Auge reicht: Frauen

No. 01/2012

Am 30. März wird in der Pinakothek der Moderne die Ausstellung Frauen. Pablo Picasso – Max Beckmann – Willem de Kooning eröffnet. Für die Besucher wurde in enger Zusammenarbeit mit den Kuratoren ein besonders vielseitiges Rahmenprogramm entwickelt. Fresko hat Jochen Meister, den Leiter der Kunstvermittlung der Pinakotheken, dazu befragt.


Herr Meister, gerade zu dieser Ausstellung bieten Sie ein außergewöhnlich breit gefächertes Besucherprogramm. Was veranlasst Sie dazu?

Die Ausstellung Frauen. Pablo Picasso, Max Beckmann, Willem de Kooning ist die größte und – an den Leihgaben aus aller Welt gemessen – aufwändigste Ausstellung seit Eröffnung der Pinakothek der Moderne. Wir feiern damit das zehnjährige Jubiläum des Museums. Zugleich ist es die Abschiedsausstellung von Carla Schulz-Hoffmann, der langjährigen Konservatorin der Sammlung Moderne Kunst, die die Wahrnehmung der Moderne in diesem Haus mit geprägt hat. Und eine solche große Ausstellung verlangt förmlich nach einem breiten und differenzierten Angebot für unsere Besucherinnen und Besucher, ein unverzichtbarer Bestandteil der heutigen Museumsarbeit.

Neben den klassischen Ausstellungsführungen gibt es alternativ auch viertelstündige Kurztouren. Bringen die Besucher zu wenig Zeit mit?

Gerne dürfen Sie die Kurztouren auch mehrmals hintereinander besuchen … – aber im Ernst: das Konzept ist Bestandteil des Cicerone-Angebots, das auch in anderen Museen schon erfolgreich stattfand. Ein Cicerone – der Begriff bezieht sich auf den antiken Rhetoriker Cicero – führt nicht nur eine Viertelstunde zu einem bestimmten Werk, sondern will auch jeden von uns dafür begeistern. Sie können sich spontan einer dieser Führungen anschließen oder warten, bis die nächste Kurztour beginnt. Am Treffpunkt in der Ausstellung wird am Wochenende immer auch ein zweiter Cicerone ihre Fragen beantworten oder Sie einfach inspirieren.

Zusammen mit der Akademie der Bildenden Künste haben Sie Multimediaguides und Apps entwickelt, außerdem werben Sie über Facebook. An wen richtet sich Ihr Angebot?

Die Münchner Kunstakademie hat einen Lehrstuhl für Kunstpädagogik. Es hat richtig Spaß gemacht, mit den Studierenden gemeinsam zu überlegen, welche Aspekte der Ausstellung wir über aktuelle digitale Medien vermitteln können. Die kleinen Beiträge sind als erweiterndes Angebot zu sehen: Sie sollen weniger informieren, als vielmehr spielerisch anregen, über Fragen wie das Verhältnis der männlichen Maler zu ihren weiblichen Modellen nachzudenken. Dabei sind künstlerische Arbeiten entstanden – lassen Sie sich überraschen!

Jochen Meister © Anne Funck, München

Jochen Meister © Anne Funck, München

Sehen Sie hier eine Konkurrenz zu den persönlich geführten Rundgängen der klassischen Kunstvermittler?

Multimediaguide und App sind für mich überhaupt keine Konkurrenz zu den „persönlichen“ Vermittlungsangeboten. Da ist zum einen der menschliche Faktor, das Face-to-Face – im persönlichen Kontakt mit dem Experten, der natürlich viel mehr vermittelt als Information. Hier geht es um Emotion, um Begeisterung, die richtigen Fragen zur rechten Zeit. Und versuchen Sie mal, mit dem Multimediaguide zu diskutieren … Der persönliche Vermittler kann vernetzen und Linien aufzeigen, während der digitale Guide auf einzelne Werke fokussiert ist.

Zu einer Ausstellung gehört immer auch ein Katalog. Diesen bieten Sie gleich in drei Varianten an – mit drei unterschiedlichen Umschlagmotiven. Passend zu jeder Handtasche?

Nicht nur den Katalog gibt es in drei Varianten, sondern auch Plakat, Eintrittskarte und so weiter. Jeder der drei Künstler ist mit einem eigenen Motiv und einem Farbklang aus drei Farben vertreten, die sich in seinem Werk finden lassen. Das ist keine modische Attitüde – hier geht es auch nicht um Modefarben –, sondern eine konzeptuelle Lösung mit hohem Wiedererkennbarkeitsfaktor: eine Wortmarke, die speziell für diese Ausstellung entwickelt wurde.

In den Pfingstferien startet ein Ferienworkshop für Kinder. Er läuft unter dem Titel Pablo, Max und Willem. Geht es letztendlich doch mehr um die Männer als die Frauen?

Nun ja, es geht um Frauen, deren Bilder von den drei Männern gemacht wurden. Wir benutzen die Vornamen der Männer, um die Hierarchie von Künstlern und Modellen – hier Picasso, dort Olga usw. – aufzulösen. Als Pablo, Max und Willem so alt waren wie die Teilnehmer, die wir mit dem Ferienworkshop ansprechen, waren sie noch nicht Picasso, Beckmann und de Kooning … vielleicht wird daraus eine Jungs-und- Mädchen-Geschichte, oder eine Geschichte, in der mal die Mädchen den Jungs was zeigen.

Die Frauenbilder von Picasso, Beckmann und de Kooning sind teilweise ziemlich drastisch – schon für uns Erwachsene ist das manchmal heftig. Empfehlen Sie die Ausstellung für Kinder?

Das, was die Kollegen vom Lenbachhaus in der kürzlich beendeten Ausstellung mit Egon Schiele als „sexuelle Drastik“ bezeichneten, steht nicht im Zentrum und wird in unserer KinderKunstvermittlung nicht thematisiert – allerdings auch nicht tabuisiert, sondern gegebenenfalls kindgerecht artikuliert. Ich kann hier auf die professionellen Kinder-Kunstvermittlerinnen und -Kunstvermittler vertrauen, die übrigens – Beispiel Schiele – häufiger mit diesem Thema konfrontiert werden. Spannend wird es, wenn es um Rollenklischees geht. Genau hier liegt jedoch auch ein Ansatzpunkt, mit dem wir arbeiten wollen: einen Beitrag zu gesellschaftlichen Themen – auch kindgerecht – zu liefern und nicht nur zu unterhalten. Wobei das eine das andere ja nicht ausschließt …

Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch und wünschen für die Ausstellung viel Erfolg und zahlreiche Besucher.