Auf der Spur des Göttlichen

Hommage an Michelangelo

No. 01/2015

Bereits zu Lebzeiten wurde er zu einer Legende, seine Werke zu Ikonen der Kunst. Der Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter Michelangelo gilt als Universalgenie der Renaissance, kaum ein anderer Künstler hat Zeitgenossen und nachfolgende Generationen so maßgeblich beeinflusst. Eine groß angelegte Ausstellung in Bonn erzählt mit über 250 Exponaten von rund 70 Künstlern die Wirkungsgeschichte „des Göttlichen“ der letzten fünf Jahrhunderte.

Mit seiner monumentalen Skulptur David, die 1504 vor dem Palazzo Vecchio den begeisterten Florentinern präsentiert wurde, setzte Michelangelo Maßstäbe, die für andere Künstler unerreichbar schienen. Spätestens zu Beginn der 1540er Jahre, seit der Vollendung des Jüngsten Gerichts für die Sixtinische Kapelle in Rom, wurde ihm der Beiname „Il Divino, der Göttliche“, verliehen. „Ich bin nur ein armer Mann und von geringem Werte und plage mich redlich mit der Kunst ab, die mir Gott verliehen hat“, erwiderte Michelangelo auf die exorbitante Wertschätzung seiner Zeitgenossen. Viele seiner Kollegen setzten sich mit seinen Werken auseinander, wollten von ihm lernen und ließen sich inspirieren. Dies führte dazu, dass selbst erfolgreiche Künstler wie Raffael sich neu orientierten. Giorgio Vasari erzählt die (nicht belegte) Geschichte, dass Raffael sich unbemerkt in die Sixtinische Kapelle geschlichen habe, um heimlich das halbfertige Deckengemälde, an dem Michelangelo arbeitete, zu studieren. Über die kraftvolle Dynamik der Figuren sei er so erschüttert gewesen, dass ihn dies zu einem auffallenden Stilwandel in seiner Kunst bewegte.

Sowohl für Maler als auch Bildhauer wurden Michelangelos virtuose Körperdarstellungen zu beispielhaften Vorlagen. So war das Studium der Aktfiguren aus der Schlacht von Cascina bis zum Beginn der Moderne unverzichtbares Element der Künstlerausbildung, noch Rodin und Cézanne arbeiteten nach dieser Vorlage. Anfangs durch Nachzeichnungen, Gemäldekopien, Abgüsse und Kleinskulpturen vervielfältigt, kam ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Fotografie als weiteres Medium hinzu, das für die grenzenlose Verbreitung Michelangelos Werke sorgte.

Neben dem Aspekt der medialen Verbreitung und ihrer Bedeutung für die Wirkungsgeschichte Michelangelos geht die Ausstellung Der Göttliche. Hommage an Michelangelo dem Phänomen Künstlermythos nach. Die Kuratoren Georg Satzinger und Sebastian Schütze stellten sich die Frage, was die über Jahrhunderte anhaltende Wirkung von Michelangelos Kunst ausmacht und wie er bedeutende Künstler dazu anregte, in einen schöpferischen Dialog mit seinen Werken und künstlerischen Prinzipien zu treten.

In der fulminanten Schau, die von über 100 hochkarätigen Leihgebern bestückt wurde, veranschaulichen Werke von Künstlern wie Raffael, Rubens, Caravaggio, Cézanne, Giambologna, Rodin, Henry Moore, Hrdlicka, Matisse bis Mapplethorpe das Thema Michelangelo und seine Wirkungsgeschichte und versammeln sich zu einer grandiosen Hommage an den „Göttlichen“. cs

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Der Göttliche. Hommage an Michelangelo
Bis 25. Mai 2015 Bundeskunsthalle, Bonn 
Mit Beiträgen von Ursel Berger, Volker Krahn, Johannes Myssak, Georg Satzinger und Sebastian Schütze 
Katalog zur Ausstellung Hirmer Verlag € 39,90