Vom Stern liebkost: Der Malerdichter Miró

No. 01/2015

Als der junge spanische Maler Joan Miró in den frühen 1920er Jahren nach Paris zog, bewegte er sich dort am liebsten im Kreis avantgardistischer Literaten. Für den leidenschaftlichen Leser Miró wurden Werke von Dichtern wie André Breton oder Paul Éluard zu einer der wichtigsten Inspirationsquellen seiner Kunst. Erstmals wird in einer Ausstellung Mirós Kunst im Zusammenwirken mit seinen Dichterfreunden beleuchtet. „Hauptsache ist, die Seele zu entblößen. Bei Malerei und Dichtkunst verhält es sich wie bei der Liebe – ein Blutaustausch, eine innigste Umarmung, ohne Rücksicht, ohne Schutz“, lautete Mirós leidenschaftliches Bekenntnis für die Ideen der dadaistischen und surrealistischen Dichter, die Konventionen über Bord geworfen und neue literarische Formen erfunden hatten. So wie die dadaistischen Lautgedichte mit dem Klang experimentierten, so verwendete Miró u.a. Buchstaben und Wortfragmente, um die Schrift von der Logik zu trennen.

Dichtung und Malerei bildeten für ihn eine Symbiose: „Ich mache keinen Unterschied zwischen Malerei und Dichtkunst. Es kommt vor, dass ich meine Bilder mit poetischen Sätzen illustriere und umgekehrt“. Dies vergegenwärtigen seine Bildgedichte, die Peinturepoèmes. Sie tragen Titel wie Ein Tautropfen, der vom Flügel eines Vogels fällt, weckt die im Schatten eines Spinnennetzes schlummernde Rosalie und verdeutlichen, wie eng die sprachliche und bildliche Fantasie Mirós verknüpft sind. In einem außergewöhnlich schön gestalteten Bildband wird die Ausstellung mit zahlreichen Abbildungen von Gemälden aus allen Schaffensperioden, Bildgedichten, Malerbüchern und Chiffrenbildern dokumentiert und inhaltlich vertieft. cs

9783777423968_3Dn
Miró. Malerei als Poesie
Bis 25. Mai 2015 Bucerius Kunst Forum, Hamburg
Hg. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Bucerius Kunst Forum
Katalog Hirmer Verlag € 39,90