„Werde, die du bist!“

Lebenskunst à la Baumgarte

No. 01/2021

Ihre Bilder spiegeln eine starke, autonome Künstlerpersönlichkeit wider, die exemplarisch für eine ganze Generation Frauen steht. Mit dem passenden Titel Werde, die du bist! ist über die Malerin Ruth Baumgarte (1923–2013) ein prächtiger Band erschienen, der retrospektiv ihr Werk vorstellt.

Ruth Baumgarte, Frühes Selbstbildnis, um 1947 © Kunststiftung Ruth Baumgarte, Foto: Ulrich Helweg

Auf ihrem Frühen Selbstbildnis von 1947, einer Zeit, in der Künstlerinnen wenig Akzeptanz in der Öffentlichkeit fanden, zeigt sich Ruth Baumgarte selbstbewusst mit Barett, Palette und Pinsel, den typischen Künstler-Insignien. Das Porträt entstand in Bielefeld, wo die alleinerziehende Mutter ihre Familie mit Aufträgen als Illustratorin ernährte und als Malerin mit der Teilnahme an Ausstellungen erste Anerkennung erfuhr. Schon in ihren frühen Kohlezeichnungen steht der Mensch im Fokus ihres künstlerischen Interesses. Ihre außergewöhnliche Gabe, ihre Mitmenschen in ihren Lebenswelten empathisch zu beobachten und abzubilden, zeigt sich in vielen Zeichnungen, Aquarellen und Ölgemälden, wie zum Beispiel in ihren Arbeiterporträts aus der Stahlindustrie. Ende der 1960er Jahre widmet sich Baumgarte zunehmend gesellschaftskritischen Themen, vom Wettrüsten über die AIDS-Epidemie bis zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl in den 80er Jahren. In ihrem Spätwerk entdeckt die Künstlerin den Kontinent Afrika für sich, es entstehen farbgewaltige und ausdrucksstarke Ölbilder, die wie ein Ausrufezeichen am Ende ihres langen künstlerischen Schaffens stehen. cv

Cover für Ruth BaumgarteRuth Baumgarte. Werde, die du bist! Lebenskunst
Hg. Wiebke Steinmetz, Viola Weigel im Auftrag
der Kunststiftung Ruth Baumgarte
Text: Deutsch / Englisch
264 Seiten, 251 Farbabbildungen
Hirmer Verlag € 34,90