The Mother is the Message

Muttertage im Kunstpalast

No. 01/2025

Die Anforderungen an eine Mutter sind groß: Sie soll unendlich gütig sein, Liebe und Nähe spenden, sich bedingungslos zurückstellen, dem Nachwuchs aber auch Grenzen aufzeigen, sich beruflich verwirklichen und die Zeit finden, Selbstfürsorge zu betreiben.

Alice Neel, The Family, 1980, © bpk/Sprengel Museum Hannover, Leihgabe aus Privatbesitz/Herling/Herling/Werner

Für die Ausstellung Mama hat das Museum Kunstpalast in Düsseldorf die eigenen Bestände nach dem Thema Mutterschaft durchforstet und ein Spektrum zutage befördert, das die Ambivalenz spiegelt, die in der Rolle von Grund auf angelegt ist und nach Provokation schreit.

Paula Modersohn-Becker, Stillende Mutter, 1902, Museum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: © Artothek – LVRZMB – Joshua Esters

Was sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn Sie das Wort „Mama“ hören? Für wen haben Sie mütterliche Gefühle? Wer sorgt für Sie? Was ist die schönste oder lustigste Erinnerung an Ihre Mutter/Ihr Kind? Wie kann Mutterschaft in der Zukunft aussehen? Diese Fragen stellten die Ausstellungsmacher im Vorfeld ihrer Vorbereitungen zahlreichen Personen, um ein Gespür für den Kosmos zu bekommen, der sich zum Thema Mutter auftut. Mit Erfolg: Von Maria bis Merkel, von Eva bis Rihanna lautet der erweiterte Untertitel der großangelegten Schau, der das Spektrum salopp umreißt und bereits Brüche benennt, die das Mutterdasein mit sich bringt und sich auch in der Kunst manifestiert. Eine Mutter kann, muss aber nicht unbedingt die Heilige sein wie Maria mit dem Kind, die es erst selbstlos aufzieht und dann in stiller Einkehr den Opfertod ihres Sohnes hinnimmt. Man muss auch keine leibliche Mutter sein, um als Mutter wahrgenommen zu werden. Der Begriff der Mutterrolle lässt sich durchaus weiterfassen, hier geht es vielmehr um eine schützende Hand wie jene von der ehemaligen Kanzlerin Angela alias „Mutti“ Merkel als Mutter der Nation, stand sie doch ihrem Volk mit Rat, Tat und Führung stets zur Seite. Wiederum verführerisch wie Eva inszeniert sich Popstar Rihanna, erstaunlich souverän mit bunten Lockenwicklern im Haar und umgeben von ihrem munteren Nachwuchs im federgebetteten Nest.

Kunst wäre nicht Kunst, wenn es keine Kontraste gäbe und einen gehörigen Bruch mit den Sehgewohnheiten, das wird in der Ausstellung deutlich und auf die Spitze getrieben. Ob altmeisterliche Madonnen, Gemälde von der Klassischen Moderne über die Neue Sachlichkeit hin zur Popkultur und Karikatur, fotografische Statements, Handbücher und kluge Ratgeber, Performances und Installationen oder Objekte wie Schnuller, Brustpumpen und Puppenküche, aus dem Thema lässt sich grenzenlos saugen – oder auch einspeisen, wie die humorvollen Bildtexte wie etwa der F.A.Z.-Kolumnistin Ubin Eoh, der zu einer arkadischen Porzellanszene der Manufaktur Frankental aus dem 18. Jahrhundert einfällt: „Ui. I feel you, Mama. Ich saß heute bestimmt zehn Mal so da wie sie. Mitten im Chaos, die Brüste entblößt, Baby angedockt und der kleine schwitzige Körper schlafend auf mir drauf.“ af

Mama
Von Maria bis Merkel
Bis 1. Juni 2025
Kunstpalast Düsseldorf

Katalog zur Ausstellung
Hirmer Verlag € 38,–