Spiegel der Seele

No. 02/2020

Wenn die Künstlerin Astrid Lowack (*1969) feststellt „ich fotografiere das, was es nicht gibt“, macht diese Aussage neugierig, denn wir fragen uns: Ist nicht die Fotografie jenes Medium, das gemeinhin das festhält, was real existiert? So einfach ist das natürlich nicht, war es nie.

Astrid Lowack, Tatendrang, 2019 © Astrid Lowack

Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts, in dem „Geisterfotografien“ durch den Trick der Doppelbelichtung längst Verblichene vermeintlich abbildeten, konnte man der noch jungen Technik und ihrem ursprünglich dokumentarischen Anspruch nicht mehr so recht trauen. Fotografie hat seit Beginn etwas Manipulierbares, Verfremdendes und damit höchst Faszinierendes an sich. Daher steht auch für die Fotokünstlerin Astrid Lowack der experimentelle Charakter des Mediums im Vordergrund. Ihre Motive findet sie überwiegend in der Natur, sie arbeitet mit Licht, Schatten, Wasser und Bewegung. Die Dauer des Fotografierens kann zwischen wenigen Minuten und mehreren Stunden betragen, anschließend bearbeitet die Künstlerin die Vorlagen in mehreren Schritten, die von der Wahl des Bildausschnittes als gültige Bildkomposition bis hin zu technisch-raffinierten Verfremdungsprozessen reichen. Mit ihren Kunstwerken, die wie Gemälde wirken, erschafft sie neue Welten, die auf den ersten Blick nichts mit dem ursprünglichen konkreten Bildobjekt zu tun haben – weder motivisch noch farblich. Ihren Fotografien gibt Lowack Titel wie The Show must go on, Fata Morgana oder Tatendrang, die für den Betrachter einen stark assoziativen Charakter haben. Lowack selbst begreift ihre Bilder als „Spiegel der Seele und als Mittel der Selbstreflexion, das ihr erlaubt, sich ganz bewusst mit ihrem Unterbewusstsein auseinanderzusetzen“, heißt es im Vorwort des Bildbandes Astrid Lowack. The Elements of Transcendence. Er ist im Hirmer Verlag erschienen und begleitet die noch bis zum 25. Oktober laufende, sehr sehenswerte Schau im Dortmunder Museum für Kunst- und Kulturgeschichte (MKK). cv

Cover für Astrid LowackAstrid Lowack. The Elements of Transcendence
Bis 25. Oktober 2020
Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund (MKK) 
Katalog zur Ausstellung
Text: Deutsch/Englisch
Hirmer Verlag € 19,90