Sitzt ein Huhn im Regal

No. 03/2019

Die Geburt des Unheimlichen Huhns ließ sehr lange, rund 60 Jahre auf sich warten. Die beiden Väter – der Schriftsteller und Arzt Rudolf Omansen und der Künstler Georges Grosz – erlebten sie nicht mehr. Nun sind in einem schmalen Band, der das bibliophile Herz erfreut, diese und andere seltsame Geschichten erschienen, versehen mit bislang unbekannten Zeichnungen von Grosz.

Das Huhn sitzt Nacht für Nacht auf dem Bücherregal und raubt dem Professor den Schlaf. Eines Morgens findet dieser eine flaumige, braune Feder auf dem Teppich – das Unmögliche scheint Realität geworden zu sein. Vielleicht war es das Entsetzen vor dem, was man nicht für möglich gehalten hatte, die Georges Grosz dazu bewog, die Erzählung seines Freundes Omansen zu illustrieren. Die beiden lernten sich in den 1950er Jahren im Zuge des Verfahrens kennen, das Grosz für die erlittene Repression während des NS-Regimes entschädigen sollte, und zu dem Omansen als Gutachter hinzugezogen worden war. Bei ihren Treffen reflektierten sie häufig über die düstere Vergangenheit und deren Nachwirken im Nachkriegsdeutschland. Daraus entstand eine Freundschaft, die bis zum Tod von Grosz 1959 andauerte.

Dem abgedruckten Originalmanuskript mit Grosz’ Illustrationen sind Essays sowie Fotografien zur Seite gestellt – ein Kleinod, das mit Recht darauf gewartet hat, von der Büchergilde Gutenberg entdeckt zu werden, denn dort ist es bestens aufgehoben. um

Titelbild: George Grosz, Rudolf Omansen und ein HuhnGeorge Grosz, Rudolf Omansen und ein Huhn
Mit Fotografien und fünf Illustrationen von George Grosz
herausgegeben und mit einem Nachwort von Juerg Judin und Pay Matthis Karstens
geprägtes Leinen, Fadenheftung, Rundumfarbschnitt, Lesebändchen
72 Seiten, Buchgestaltung von Cosima Schneider
Büchergilde Gutenberg € 28,–