Rapunzel

Elke Härtel, Rapunzel, 2016, © Elke Härtel, Foto: Thomas Dashuber

No. 03/2017

Elke Härtel, Rapunzel, 2016, © Elke Härtel, Foto: Thomas Dashuber

Der Kopf ist anmutig geneigt, der Blick nach innen gekehrt, einen Fuß hebt sie an, als ob sie gleich losgehen möchte – erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass dem jungen Mädchen die Arme fehlen. Trotzdem wirkt sie nicht hilflos, denn ihre Zöpfe, die sich wie zwei dicke Seile herabwinden, als wären sie lebendig, verankern sie fest mit dem Boden.

Rapunzel heißt die lebensgroße Bronzeskulptur der Künstlerin Elke Härtel und ist eine ihrer Arbeiten, mit denen sie thematisch auf Frauengestalten aus Märchen, Mythen und religiösen Vorstellungen zurückgreift. Wir kennen Rapunzel aus der Grimm’schen Erzählung, das eingesperrt in einem Turm sitzt, Elke Härtel beraubt sie jedoch ihrer Arme und interpretiert damit die räumliche Abgrenzung der Außenwelt als seelischen Zustand innerer Leere. „Unfähig zu handeln, wird der Körper selbst zum Käfig, der Übergang vom Kind zum Erwachsenwerden wird hier thematisiert“, schreibt sie in dem Bildband, der neben ihrer künstlerischen Intention den spannenden Entstehungs-prozess von Rapunzel dokumentiert. Die Aufnahmen, die überwiegend von Elke Härtel sowie dem Fotografen Thomas Dashuber stammen, transportieren fantastisch die besondere Aura dieser Skulptur und  unterstreichen damit Härtels einflussreiche Position in der zeitgenössischen Bildhauerei. um

Elke Härtel. Rapunzel

Elke Härtel. Rapunzel
Genese einer Skulptur
Hrsg. von Petra Giloy-Hirtz
Hirmer Verlag € 29,90