Neuzugang im Liebieghaus

Die Elfenbeinsammlung von Reiner Winkler

No. 01/2019

Anders als in den USA bekommen Museen in Deutschland nicht alle Tage wertvolle Kunstwerke aus Privatbesitz geschenkt. Erst recht werden ihnen nur selten ganze Sammlungen vermacht. Ein solch sensationeller Glücksfall ist jetzt dem Liebieghaus am Frankfurter Museumsufer widerfahren.

Johann Christoph Ludwig Lücke, Allegorie der Verdammnis in der Hölle, 1736, Liebieghaus Skulpturensammlung – Sammlung Reiner Winkler, Frankfurt am Main, Foto: Robert Braunmüller

Der Wiesbadener Unternehmer Reiner Winkler hat seine in über 40 Jahren zusammengetragene Sammlung europäischer Elfenbeinschnitzereien dem Museum für Skulpturen übertragen. Sie gilt mit mehr als 200 kostbaren Objekten als die größte private Elfenbeinsammlung der Welt und hat ihren Schwerpunkt auf dem 17. und 18. Jahrhundert, als die künstlerische Verarbeitung von Elfenbein ihren Höhepunkt erreichte. Die Sammlung Winkler zeichnet sich sowohl durch die außerordentliche Vielfalt der Themen als auch durch die atemberaubende Virtuosität ihrer Spitzenstücke aus, die von namhaften Künstlern geschaffen wurden.

Elfenbein fand als gut zu bearbeitender Werkstoff seit der jüngeren Steinzeit Verwendung. Ägypter, Griechen und Römer fertigten Statuetten und Reliefs aus den Stoßzähnen des Elefanten. Auch im Mittelalter entstanden Kunstwerke aus Elfenbein wie Gefäße, Buchdeckel und Reisealtäre. Während in der Renaissance Marmor und Bronze dominierten, begann im 17. Jahrhundert eine neue Blüte der Elfenbeinarbeiten. Künstler schufen meisterhafte Einzelfiguren und Gruppen sowie Reliefs, etwa an Gefäßen und an Möbeln. Elfenbeinkunstwerke fanden Eingang in Kunst- und Wunderkammern, in Mitteleuropa u. a. in Wien, München, Dresden, Braunschweig oder Kassel. Elfenbein ist, wenn dünnwandig, lichtdurchlässig. Daher muss man sich manche Elfenbeinkunstwerke hinterleuchtet vorstellen.

Zur Sammlung Winkler, ab Frühjahr 2019 im Liebieghaus ausgestellt, erscheint ein Prachtband, in dem alle Objekte in brillanten Neuaufnahmen abgebildet sind. Zu den Glanzstücken gehören die Furie auf sprengendem Pferd des unbekannten Furienmeisters oder die hier abgebildete Allegorie der Verdammnis von Johann Christian Ludwig Lücke. Der Künstler hat mit unglaublicher Expressivität die Verdammnis dargestellt: Die verdammte Seele ist dem ewigen Höllenfeuer übergeben. wr

Cover für White WeddingKostbarkeiten aus Elfenbein
Die Sammlung Reiner Winkler
Ab 27. März 2019
Liebieghaus, Frankfurt am Main
Katalog: Halbleinen, 320 Seiten

Hirmer Verlag € 45,–