Liebe und Hass

No. 01/2013

„Man muss das Wasser nicht verstehen, um kopfvoran hineinzuspringen.“ Das ist die Antwort auf die Frage des 17-jährigen Franz, warum sich denn die Leute ständig verlieben würden. Und kein Geringerer als Sigmund Freud gibt dem jungen Helden in Robert Seethalers Roman Der Trafikant den hilfreichen Ratschlag mit auf den Weg ins Erwachsenwerden. Der Autor lässt den Jungen aus dem Salzkammergut und den „Deppendoktor“ in Wien ein Jahr vor dem Anschluss aufeinandertreffen. In diesem Entwicklungsroman lernt Franz, der gerade eine Lehre in einem Tabak- und Zeitungsgeschäft angefangen hat, nicht nur die bittersüßen Seiten des Verliebtseins kennen. Allmählich wird ihm auch klar, dass sich da um ihn herum gerade etwas Unheimliches zusammenbraut: Die Nazis kriechen aus ihren Löchern und übernehmen die Herrschaft der Stadt. Seethaler, 1966 geboren, den Gerhard Polt übrigens mit Joseph Roth vergleicht, hat einen Roman geschrieben, der vor allem wegen seiner schnörkellosen Sprache besticht. Und die märchenhafte, in einen bösen Zauber getunkte Geschichte ist unglaublich schön. kh

Der Trafikant 
Von Robert Seethaler 
Kein & Aber € 19,90