Kühne Avantgarde

Extravagante Keramikkunst von Margarete Heymann-Loebenstein

No. 03/2023

Mit einzigartigen Alltagsobjekten prägte die Keramikerin und Bauhausschülerin Margarete Heymann-Loebenstein (1899–1990) die Keramikkunst im 20. Jahrhundert wie keine andere. Eine jüngst erschienene und längst überfällige Monografie präsentiert die Bandbreite ihres bedeutenden Werks zwischen Bauhaus und Art déco und beleuchtet dabei neueste Forschungsergebnisse sowie bisher unpubliziertes Archivmaterial. Anlass für die Huldigung des Ausnahmetalents ist das 100. Gründungsjubiläum der Haёl-Werkstätten für künstlerische Keramik im brandenburgischen Marwitz, die Margarete Heymann-Loebenstein zusammen mit ihrem Ehemann Gustav Loebenstein im Juni 1923 eröffnete.

Margarete Heymann-Loebenstein, Schale mit Blumensteck-gefäß (Block), um 1925/30, Fotoarchiv Erhard Gerwien, © Estate of Margarete Marks/VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Das sogenannte Scheibenhenkel-Service mit konischen Gefäßkörpern und Scheibenhenkeln aus den 1920er Jahren gehört gewiss zu den bekanntesten und zeitlosesten Entwürfen von Margarete Heymann-Loebenstein. Zum Erfolg der Künstlerin trug bei, dass sie der avantgardistischen Formgestaltung von Vasen, Schalen, Tabletts, Lampenfüßen und vielem mehr mit vollfarbigen Glasuren in oft leuchtenden Farben Klarheit, Einfachheit und Strenge verlieh, die den künstlerischen Zeitgeist trafen.

So glücklich Margarete Heymann-Loebensteins Wirken in Marwitz und darüber hinaus war, so tragisch entwickelte sich für die Künstlerin jüdischer Abstammung ihr Privatleben. Erst verlor sie den Ehemann, dann ihren fünfjährigen Sohn durch Unglücksfälle und war 1936 gezwungen, nach England zu emigrieren, wo sie an die Erfolge in Deutschland nicht mehr anknüpfen konnte. mir

Margarete Heymann-Loebenstein
Keramik für die Avantgarde
Hg. Erhard Gerwien, Anna Grosskopf, Tobias Hoffmann
224 Seiten, 150 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag € 39,90