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Die Wand als Inspiration für Joan Mirós Malerei

No. 03/2015

Die Beschaffenheit und Individualität der Welt an sich faszinierte Joan Miró Zeit seines Lebens, er erklärte sie zum Ausgangspunkt seiner Malerei. In einer Ausstellung im Kunsthaus Zürich wird die spannende Wechselbeziehung von Wand und Bild im Werk Mirós aufgezeigt.

Am Anfang stand die Wand – genauer gesagt: die Mauern des elterlichen Bauernhofs von Montroig in Katalonien. Die rissigen, mit Grashalmen bewachsenen, verwitterten Flächen inspirierten Joan Miró 1921 zu seinem Werk Der Bauernhof, in dem er „die ganze Wirklichkeit, den Reichtum der Landschaft“ einfing. Für Miró war dieses Bild, das Ernest Hemingway im Jahr 1925 erwarb und bis zu seinem Tod besaß, die „Grundlage und der Schlüssel seines ganzen Werkes“.

Joan Mirós Zugang zu seiner Malerei führte also über die Wand. Er sah darin jedoch nicht nur ein abzubildendes Objekt, sondern ließ sich von deren Oberflächen zu unterschiedlichen Bildgründen leiten, wie weiß gewaschene oder geteerte Leinwand, rohe Jute oder Sandpapier. In jeder Schaffensphase widmete sich Miró einem bestimmten Trägermaterial, das er mit Sorgfalt aussuchte und dann häufig in Serien erprobte.

Die Ausstellung unterstreicht diese Praxis mit ihrem klugen Aufbau, der die Werke chronologisch übergreifend in verwandten Material- oder Grundierungsgruppen präsentiert. Eine eigene Abteilung bilden die Friese und Wandbilder, die bereits in Mirós Frühwerk eine große Rolle spielen. Sein erstes Wandbild für den öffentlichen Raum schuf Miró für den Pavillon der Spanischen Republik auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1937. Es sind jedoch vor allem seine großformatigen Arbeiten des Spätwerkes, mit denen sein langgehegter Wunsch in Erfüllung ging, seine Kunst der Öffentlichkeit zu präsentieren. So sind das Keramik-Wandbild Vögel, die wegfliegen (1971/72), das im Innenhof des Kunsthauses Zürich permanent ausgestellt ist und den Anstoß für diese Ausstellung gab, und die maßstabgetreuen Entwürfe seiner monumentalen Werke für das UNESCO-Hauptquartier in Paris Mondwand und Sonnenwand (beide 1957) drei der vielen Höhepunkte der Schau.  Ausstellungsbegleitend erscheint ein wunderschön gestaltetes Katalogbuch, das über den ausführlichen Inhalt hinaus auch in seiner Haptik und dem Querformat Mirós Kunst sensibel huldigt. um

Joan MiroJoan Miró
Mauer, Fries, Wandbild
Kunsthaus Zürich
Bis 24. Januar 2016
Ausstellungskatalog
Hirmer Verlag € 34,90