Highlights aus dem Florenz der Medici

Von Giotto, Donatello, Fra Angelico, Verrocchio, Botticelli, Ghirlandaio, Leonardo da Vinci u.a.

No. 03/2018

München genießt den Ruf, die nördlichste Stadt Italiens zu sein. Das liegt an der Architektur König Ludwigs I., der sich von verschiedenen italienischen Bauwerken anregen ließ und diese in das Münchner Stadtbild aufnahm. Seiner großen Inspirationsquelle Florenz wird ab dem 18. Oktober in der Alten Pinakothek umfassend gehuldigt – mit der Ausstellung Florenz und seine Maler, die mit 120 Meisterwerken der Renaissance die bahnbrechenden Erneuerungen der Kunst im Florenz der Medici vor Augen führt. Der folgende Bildtext ist der Ausstellungspublikation entnommen und gibt über das Werk von Biago d’Antonio Aufschluss.

Biagio d’Antonio, Verlobung von Jason und Medea, 1487, Musée des Arts décoratifs, Paris, © Paris, Musée des Arts décoratifs

Von Therese Wagener

Im Sommer des Jahres 1486 fand in Florenz die Hochzeit von Lorenzo Tornabuoni (1465–1497) und Giovanna degli Albizzi (1468–1488) statt. Die kostspieligen Feierlichkeiten währten drei Tage lang. Arrangiert hatte die Hochzeit Lorenzo de’ Medici, der Cousin des Bräutigams. Das junge Paar bezog nach der Hochzeit die eigens neu ausgestatteten Räumlichkeiten im Palazzo Tornabuoni. Insbesondere die „camera di Lorenzo“, das Schlafzimmer, wird in einem Inventar, das 1498 nach Lorenzos Tod aufgesetzt wurde, wegen ihrer luxuriösen Ausgestaltung herausgestellt. Das hier gezeigte Werk war Teil der Wanddekoration und wurde durch vier weitere Bildfelder ergänzt, nämlich zwei weiteren polyszenischen, in die Vertäfelung integrierten spalliera-Tafeln (spalliera ist ein fest an der Wand angebrachtes Holzgetäfel, das einem herangerückten Möbelstück – einem Bett, einer Truhe usw. – als Rückwand diente) mit Ereignissen der antiken Argonautensage, die wiederum durch zwei weitere Tafeln mit den Göttern Apollo und Venus verbunden waren. Biagio d’Antonio, dessen Gemälde das Mittelstück des Zyklus bildete, war ein enger Mitarbeiter Domenico Ghirlandaios. Die anderen Bildfelder, die sich heute in der Londoner National Gallery befinden, werden mit Pietro del Donzello und Bartolomeo di Giovanni ebenfalls Künstlern aus dem Ghirlandaio- Umkreis zugeschrieben. Die Argonautensage handelt von der Abenteuerfahrt des Jason und seiner Begleiter auf ihrem Schiff Argo, nach dem die Heldengruppe benannt ist. Der thessalische König Pelias hatte sie beauftragt, das Goldene Vlies zu stehlen, das in Kolchis am Schwarzen Meer von König Aietes bewacht wurde. In Kolchis verliebte sich die zauberkundige Königstochter Medea in Jason und half ihm bei der Erbeutung des Vlieses. Als Dank versprach Jason ihr, sie zur Frau zu nehmen. Biagio d’Antonio zeigt die beiden Protagonisten in einem oktogonalen Apollo-Tempel im Augenblick ihrer Verlobung. Anders als im ursprünglichen Mythos ist Herkules hier Zeuge des Festaktes. Dieses ikonografische Detail verweist auf Lorenzo de’ Medicis Rolle als Heiratsvermittler, denn im Laufe des 15. Jahrhunderts vereinnahmten die Medici den für Macht, Weisheit und Tugend stehenden Halbgott als Identifikationsfigur. Es war offensichtlich ein Anliegen der Tornabuoni, ihre enge Verbindung zur Medici-Familie zu unterstreichen.

Auf den ersten Blick erscheint die Wahl der Argonautensage unpassend für ein Hochzeitsbild, bedenkt man Jasons späteren Treuebruch und das tragische Ende der Geschichte. Jedoch basieren die Tornabuonispalliere auf mittelalterlichen und zeitgenössischen Neufassungen des antiken Mythos und nicht, wie oftmals vermutet, auf den antiken Urtexten des Apollonios von Rhodos und des Valerius Flaccus. Hervorzuheben ist hierbei vor allem Raoul Lefèvres in Europa weit verbreitete Histoire de Jason (1460), in welcher der Autor Jasons Ehrenhaftigkeit betont, sein Handeln rechtfertigt und das grausame Ende in eine glückliche Wiedervereinigung des Paares abwandelt, sodass Jason und Medea ohne bitteren Beigeschmack als Referenzfiguren für das junge Ehepaar dienen konnten. Insbesondere Jasons heldenhafte Überwindung der zahlreichen Hindernisse machte ihn zu einem idealen Vorbild. Grund für die Entscheidung für die Argonautensage war auch ihre wachsende Popularität durch die Gründung des Ritterordens vom Goldenen Vlies im Jahr 1430 durch Philipp III. von Burgund. In Themenwahl und Umsetzung vereinen die Tornabuoni-spalliere die beiden im Florenz des 15. Jahrhunderts wichtigsten Wertesysteme: die klassische Antike und das Ideal ritterlicher Tugend. Als humanistischer Berater bei der Erstellung des Bildprogramms wird Lorenzo Tornabuonis Erzieher Angelo Poliziano angenommen.

Cover für Florenz und seine MalerFlorenz und seine Maler
Von Giotto bis Leonardo da Vinci
Ab 18. Oktober 2018
Alte Pinakothek, München
Katalog
Hirmer Verlag € 45,-